Mein freundlicher Empfang in Tallinn
Tallinn war der Auslöser für meine Reise ins Baltikum. Seit Jahren wollte ich hier zumindest mal für ein paar Tage hin. Nie hat es geklappt. Und jetzt besuche ich auf einmal gleich alle 3 Länder des Baltikum (Litauen, Lettland, Estland) Und zusätzlich noch ein Abstecher nach St. Petersburg.
Tallinn, die Hauptstadt von Estland hat viel zu bieten…
Die Hansestadt Tallinn (400.000 EW) war vom 14ten bis 16ten Jhdt. ein wichtiger Handelsplatz.
Da die Stadt direkt am Meer liegt, legen hier im Sommer viele Kreuzfahrtschiffe an. Von Finnland ist es ein Katzensprung und so kommen auch gerne besonders Finnen für ein paar Tage hierher.
Die Hauptsaison ist ungefähr von Juni bis September. Außerhalb dieser Zeit kann es reichlich frisch werden — im Februar ist es zB durchschnittlich minus 25 Grad und auch im Juni sollte man nicht damit rechnen, abends draußen sitzen zu können.
Die Altstadt ist in einen unteren und einen oberen Teil geteilt. Von den ehemals 40 Türmen der Stadtmauer, die die Altstadt umschließen, stehen heute noch 26.
Ich schlendere durch die Gassen mit dem anstrengenden Kopfsteinpflaster. Vieles erinnert an längst vergessene Zeiten, seien es die gotischen Kirchen, die historischen Gebäude wie die Zunfthäuser oder der riesige Rathausplatz.
Überall Restaurants, viele mit malerischen Hinterhöfen. Die Bedienungen einiger Gaststätten wurden in historische Kleider gesteckt.
Ein mittelalterlicher Büttel verkündet irgendeinen Erlass, aber ich verstehe nichts, denn ich habe mich gerade den nach „mittelalterlichem Originalrezept“ zubereiteten Mandeln zugewandt.
Aus einem Lokal dringen laute Schreie. Neugierig geworden, will ich die Quelle des Lärms erkunden. Von der Tür aus verfolge ich für einen kurzen Moment eine wilde Fechtszene in dem gut besuchten Laden. Dann treibt es mich wieder nach draußen.
Die kurze Saison muss genutzt werden und so werden auch die engen — weitestgehend autofreien Gassen — mit Holz-Plattformen und Tischen vor den Restaurants gut genutzt. Es wimmelt nur so von Touristen, die ihren Guides mit hochgehaltenen Nummerntafeln oder bunten Wimpeln hinterherlaufen. Und dabei sind zur Zeit nur zwei Kreuzfahrtschiffe im Hafen. Zu Hochzeiten können es wohl bis zu 8 sein!
Eine Bimmelbahn für die Fußfaulen bahnt sich mühsam einen Weg durch die Menschenmassen.
Ich ruhe mich kurz in einem Café in einem verwunschenen Hinterhof aus. Eine Oase der Ruhe nach all dem Gewusel. Dann treibt es mich in eine kleine malerische Gasse, die Katariina Käik. Hier gibt es ein an Shakespeare erinnerndes Theater zu besichtigen und ein paar mittelalterliche Handwerksbetriebe.
Eine Weile schaue ich einem Glasbläser bei seiner Arbeit zu.
Dann gehe ich die paar Schritte zur Oberstadt. Auf dem Weg besichtige ich die Stadtmauer und besteige einen der Türme. In der Oberstadt liegt u.a. die russisch orthodoxe Alexander Nevski Kathedrale, mehrere Aussichtsplattformen und das Schloss Toompea auf dem Domberg, jetzt der Sitz des estnischen Parlaments.
Lahemaa — Der erste Nationalpark Estlands…
Nach ein paar Tagen geht es in einer Stunde weiter zum Lahemaa Nationalpark, ein riesiges Gebiet voller dichter Wälder, Seen und Hochmoore, direkt an der Ostseeküste. Nach dem Trubel in der Stadt kann ich hier ein paar Gänge zurückschalten.
Meine Basis ist das in einem gepflegten Park liegende, bekannteste Landgut Estlands: das schlossartige Gutshaus Palmse aus dem Jahre 1698. In der dazu gehörigen ehemaligen Schnapsbrennerei befindet sich das Parkhotel Palmse.
Es gibt jede Menge gut ausgeschilderter Wanderwege, aber ich entscheide mich für ein Rad, um zuerst durch den Wald und dann durch kleine Dörfer an der Küste wie Vosu nach Käsmu zu radeln. In dem normalerweise sehr ruhigen Ort ist diesmal alles anders: ein großes Volksfest mit vielen kleinen Essensständen und anderen lokalen Spezialitäten. Auf mehreren Bühnen treten Musikgruppen von Chören über Volksmusik bis hin zu alles überschallender Rockmusik auf.
Ich habe noch nicht genug und will unbedingt noch ein paar Kilometer bis zur äußersten nördlichen Spitze der Halbinsel nach Palganem radeln.
Dort angekommen bin ich dann etwas enttäuscht, hatte ich doch gehofft hier ins Meer springen zu können. Der steinige, unwegsame Strand verhindert dies aber, sodass ich den Heimweg antrete, allerdings mit einem Verpflegunsstop in Käsmu.
Tallinn Info und Tipps
Meine Reisezeit: August
Unterkunft:
Hotel Shnelli, Mittelklasse, zweckmäßig, direkt am Bahnhof mit Zimmern zur Straße und direkt gegenüber vom Gleis, zum Glück kein Zugverkehr zwischen 23 und 05 Uhr.
Altstadt:
Hotel The Tree Sisters, 5 Sterne, ab 200 €, Pikk 71, hier stieg auch Königin Elisabeth II schon ab. Dazugehöriges Restaurant Bordoo
Mitten drin in der Altstadt:
Hotel Barons, Suur-Karja 7, Jugendstil, Sauna, ca 120 €
Hostel Zinc (gegenüber vom Hotel Barons): Väike-Karja 1, very basic, Zimmer ohne Bad ca 30–60€. Beide Unterkünfte liegen mitten in der Altstadt, umgeben von Kneipen, in der Nähe vom Club Hollywood und Must Puudel (s.u.)
Die meisten Hotels haben keine AirCon.
Restaurants/Cafés
Rataskaevu 16: steht bei Trip Advisor zu recht an erster Stelle, kleiner, gestreckter Innenhof; gemütlicher Innenraum. Reservierung nur für drinnen.
V Vegan Restauran, Rataskaevu 12, wenige Tische auf dem Gehweg, gemütlicher Innenraum, nicht durch den Namen irreführen lassen, es gibt auch nichtvegan;
Von Krahli Aed, Rataskaevu 8, wenige Tische auf dem Gehweg, gemütlicher Innenraum.
Maismokle, Pikk 16, ältestes Cafe (allerdings hat mich die Selbstbedienung enttäuscht)
Balthasar, gehoben, auch schöner Innenhof; in kleiner Gasse beim Rathausplatz
Controvento, Italiener in der Katariina Käik
Masters Courtyard: idyllischer Innenhof mit dem auch innen sehr schönen Café Chocolat de Pierre. Das Le Grand Café de la Ville; gehört zusammen mit Café Josephine, ein paar Häuser die Straße runter.
Club Hollywood, gehoben + gediegen
Deja Vu, für den Shisha-Raucher und Lamborghinifahrer; chic(y) + mick(y)
Mein Tipp: Must Puudel, Cafe/Bar/Kneipe und mehr. Bodenständig, mit atmosphärischem Innenhof, mehrere kleine Räume im Stil der 50er Jahre, hipp, in der kleinen Gasse Müürivahe 20, auf dem Weg vom Deja Vu zum Club Hollywood. Junges Publikum, hat mir gut gefallen; auch tagsüber geöffnet.
Pegasus, Nierentisch-Stil, angesagt, extrem nette Bedienung (zB Triin :-)),
Porgu, Rüütli 4, (nahe Pegasus und Nikoleikirche), einfache Kellerkneipe.
Sehenswürdigkeiten u.a.:
Pikk, die längste Straße in der Altstadt. Hier liegen mehrere Gildehäuser, Restaurants, das älteste Café.…
Ballon: beim Kreuzfahrthafen; 25€; geht auf 120m Höhe, bleibt 10 Minuten oben, tolle Sicht.
Große Gildehalle in der Pikk 17
Freilichtmuseeum: Das etwas außerhalb in Rocca al Mare gelegene Freilichtmuseeum, in dem man einen Einblick in das Landleben des 18. Und 19. Jhdt. bekommen kann.
Olaikirche (Oleviste kirik), deren Turm man besteigen und den Blick auf der Aussichts-Platform auf 60 m genießen kann.
Nikolai-Kirche (Niguliste Kirik) mit Totentanzgemälde
Rathausapotheke (die Rae-Apotheke ist die älteste Apotheke Europas).
Kadriorg Park (Katharinental) mit Schloß (2 km vom Zentrum)
Kumu Art Museum in modernem Gebäude
Lahemaa Nationalpark (Käsmu etc) kann man auch täglich als 9‑stündigen Tagesausflug für 49 Euro machen.
Weitere Beiträge dieser Reise:
Litauen, Von Vilnius zur Kurischen Nehrung.
Lettland, Riga und die schönsten Highlights.
Russland: St. Petersburg, Sehenswürdigkeiten, Info + Tipps
[…] peterstravel.de […]