Der Chinesische Friedhof von Manila und der North Cemetary stehen schon lange auf meiner Liste von Friedhöfen. Schon bei meinem ersten Besuch vor vielen Jahren wollte ich zum Manila Nordfriedhof. Jetzt hat es endlich geklappt.
Ich besuche ab und zu gerne einen Friedhof. Über manche schreibe ich dann, wie zB über den Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin, die Friedhofsinsel San Michele in Venedig oder Recoletta in Buenos Aires.
Inhaltsverzeichnis
Der Chinesische Friedhof von Manila
Ich will zuerst zum Chinese Cemetary und anschließend auf den Nordfriedhof.
Mit der LRT 1 — quasi der S‑Bahn von Manila — fahre ich zur Station R Papa. Dass das allerdings viel zu weit ist, merke ich erst nachdem ich vor der Station im tosenden Verkehr stehe und mich nach dem genauen Weg erkundige.
Also wieder auf dem schmalen Bürgersteig zurückmarschiert. Naja, was man hier halt so unter Bürgersteig versteht. Winzige Straßenrestaurants, eher Imbissbuden, ein paar Kioske und Werkstätten säumen den Weg.
Über mir donnert die LRT. Ich komme vorbei an der Station Abad Santos.
Bald danach erklärt man mir durch enge Häusergassen zu gehen. Hier gibt es keinen Platz für Autos. In diesen schmalen Gassen findet das für den Touristen verborgene Leben statt. Ich fühle mich, als ob ich mitten durch die Wohnzimmer oder zumindest die Vorgärten der Häuser gehe. Natürlich trifft beides nicht zu, aber es wirkt hier alles so privat, gar nicht öffentlich.
Jeweils am Anfang und am Ende eines Häuserblocks können manche Gassen sogar durch Gitter abgeschlossen werden.
Zwischen zwei Gassen wurde die Straße zu einem Basketballfeld umfunktioniert.
Obwohl ich mir wie ein Eindringling vorkomme, begegnen mir alle mit ausgesprochener Herzlichkeit. Sie scheinen zu wissen, wo ich hinwill.
Und dann sehe ich am Ende einer Stichstraße das Südtor des Chinese Cemetary.
Ich nehme es gleich mal vorweg:
Von dem Chinesischen Friedhof bin ich dann sehr enttäuscht.
Was für ein Kontrast!
Eben noch das pralle Leben und jetzt das: Ich bin fast alleine. Nun gut, irgendwie gehört sich das so für einen Friedhof denke ich mir.
Am Eingangstor, kurz nach dem Betreten, macht mich jemand auf einen Guide aufmerksam. Der scheint allerdings nicht wirklich an Arbeit interessiert zu sein. Er ist mit seinem Handy beschäftigt. Ich muss ihn mehrfach fragen, ob er ein Guide sei, ob er etwas verdienen wolle. Zuerst kommt gar keine und dann nur eine müde Reaktion. Widerwillig und ungehalten schaut er kurz von seinem Handy auf.
Schließlich frage ich nochmal nach dem Preis und das wars dann: er will 1.200 Pesos für eine Stunde!
Das ist absurd! Das will ich nicht ausgeben.
So mache ich mich allein auf den Weg.
Es gibt außer mir keine weiteren Besucher.
Alles wirkt verlassen, lieblos, trist und irgendwie öde.
Der Wind treibt eine Plastiktüte wirbelnd vor sich her.
Endzeitstimmung.
Die Gräber wirken kalt und ungepflegt.
Vielleicht waren meine Vorfreude und Erwartungshaltung einfach zu groß.
Alles ist seltsam leblos. Das entspricht natürlich dem Ort, aber irgendwie hatte ich es mir beeindruckender, opulenter, ja sogar prachtvoller vorgestellt.
Ich kann nichts, aber auch gar nichts entdecken, was mich in irgendeiner Weise berührt.
Eine Mutter mit ihren zwei Töchtern, unterwegs auf Fahrrädern, und ein paar Handwerker bleiben meine einzige Begegnung…..
Manila Nordfriedhof — Sehenswürdigkeiten & Highlight
Was für ein Kontrast zum Chinesischen Friedhof!
Der Nordfriedhof von Manila ist sicher einzigartig und total anders als alle anderen Friedhöfe der Welt.
Wie eine kleine Stadt für sich.
Hier leben auf rund 55 Hektar Tausende von Bewohnern.
Jung und alt.
Vom Baby bis zur Großmutter.
Ganze Familien.
Sie haben sich auf und zwischen den über eine Millionen Gräbern ihre Wohnungen und das komplette Leben eingerichtet.
Wasser muss von draußen in großen Kanistern herbeigeschafft werden. Strom ist offensichtlich vorhanden. Das liegt aber wohl eher daran, dass hier jeder weiß, wie man Leitungen anzapft.
Ein faszinierendes Ambiente, wenn man das über einen Friedhof sagen darf.
Hat mir der Pförtner am Eingang noch zugerufen, dass Fotos nicht erlaubt sind, sieht es auf dem Friedhof ganz anders aus. Anfangs frage ich noch ganz vorsichtig, weil ich Absagen oder zumindest eine Abwehrhaltung erwarte. Aber schon bald merke ich, wie offen sämtliche Bewohner mit denen ich spreche, sind. Alle Menschen hier begegnen mir superfreundlich.
Ich bin erstaunt wie wohnlich sich die Leute hier eingerichtet haben. Nichts wirkt provisorisch.
Kein Wunder, die ersten mit denen ich mich länger unterhalte erzählen mir, dass sie hier seit 20 Jahren wohnen. Es sind vier verschiedene Familien, die mit Kind und Kegel auf engstem Raum in und über den Gräbern und Gruften zusammenleben. Während die Kinder zwischen den Mausoleen und Gräbern verstecken spielen, waschen die Frauen die Wäsche, die anschließend zum Trocknen auf den Gräbern ausgebreitet wird.
An einer anderen Ecke, an einer Kreuzung, spielen Jugendliche Basketball, während die Älteren auf Gräbern sitzen und entspannt zuschauen. Auf dem Weg dorthin passiere ich einen Verkaufsstand mit Waren für den alltäglichen Bedarf.
Es geht zu wie in einem kleinen Dorf.
Die Wege sind lang und die Gassen so breit, dass hier sogar ein Jeepney durchfährt.
Natürlich gehören die Bewohner zu den Ärmsten der Armen, aber sie wirken auf mich glücklicher als die Obdachlosen, die in den Elendsvierteln auf der Straße hausen.
Später treffe ich dann in der „30. Straße“ auf Bobby Jimenez. Er lebt hier seit 40 Jahren mit seinen Söhnen und der Tochter. Er wohnt quasi als Untermieter bei seinem Vater, denn der ist hier begraben. Als er erfährt, dass ich Deutscher bin, erzählt er mir stolz, dass er schon eine deutsche Dokumentarfilmerin bei ihrer Arbeit über den Friedhof unterstützt hat.
Alles wird dann getoppt von Esteban, der hier seit 59(!) Jahren lebt. Während er sich mit mir am Tisch seiner kleinen Garküche unterhält, schaut seine Frau unbeirrt in einer Grabnische eine Soap im TV.
Hier zahlt keiner Miete. Manche verdienen sich durch Grabpflege, kleine Maler- oder Reparaturarbeiten an den Gräbern ein paar Pesos.
Die Bewohner werden von der Friedhofsverwaltung mehr schlecht als recht stillschweigend geduldet. Nur manchmal muss jemand gehen.
Warum und wohin auch immer….
Zahlen & Fakten zum Manila Nordfriedhof
Der im 19. Jahrhundert gegründete Nord-Friedhof ist der älteste in Manila. Auf dem ca 55 Hektar großen Gelände sind ca 1 bis 2 Millionen Menschen beerdigt.
Dazu gehören ehemalige Präsidenten, Bürgermeister, Generäle, berühmte Schauspieler oder Sänger.
Es gibt alle Arten von Gräbern, von schäbig bis pompös: Gruften, Mausoleen, traditionelle Gräber oder in die umgebende Mauer eingelassene Urnengräber.
Und dann gibt es die Bewohner.
Ihre Zahl zu schätzen scheint unmöglich. Die Angaben schwanken von 1.000 bis zu 10.000 Menschen.
Manche von ihnen haben haben ihren Wohnbereich einfach in Beschlag genommen. Andere haben ihn von ihren Vorfahren geerbt. Und viele sind durch ein stillschweigendes Abkommen mit den Grab-Eigentümern geduldet. Dafür kümmern sie sich dann um die Grabpflege.
Anfahrt zum Manila Nordfriedhof
Zum Nordfriedhof von Manila kommt man am besten mit der gelben Linie 1 der LRT. Die nächstgelegene Station ist Blumentritt. Wenn man von Ermita kommt steigt man in Ermita an der Station Pedro Gil ein. Die Fahrt kostet für die 7 Stationen 20 Pesos.
Beiträge zu sehenswerten Friedhöfen
Berlin: Dorotheenstädtischer Friedhof — Wo der Teufel begraben ist.
Friedhof Venedig auf der Friedhofsinsel San Michele
Buenos Aires: Friedhof Recoletta oder Chacarita — Wer ist wo begraben?
Tipps zum Wiener Zentralfriedhof
Die Mumien von Palermo
Ich freue mich besonders, wenn Ihr meinen Beitrag in den u.a. sozialen Medien verlinkt.
Manila- Friedhof: Interessant und höchst ungewöhnlich.…. Danke Gruß
Hi Peter,
dein Beintrag ist wirklich beeindruckend! Schön, dass du dich solchen Themen widmest! Ich habe auch einmal auf einem Friedhof gewohnt, allerdings ganz legal in einem Haus und nicht auf einem Grab. Daran gewöhnt man sich zumindest schnell.
Viele Grüße aus Paris
Feli
Hallo Feli,
auf einem Friedhof zu wohnen hört sich in deinem Fall nach einer Oase der Ruhe an…
Ja, dass war es auch. Ein Garten inmitten der Großstadt…
LG Feli
Wir interessieren uns auch immer wieder für Friedhöfe, es gibt so unterschiedliche in der ganzen Welt.
Hier 2, die ich empfehlen kann.
1. Halifax Nach Religionen getrennt gibt es hier Friedhöfe der Titanicopfer
(Schon aus dem Meer geborgene Leichen der 3. Klasse hat man einige Tage
später wieder dem Wasser übergeben, um Platz für die der beiden anderen
Klassen zu haben)
2. New Orleans St. Louis Cemetery No. 3
Hier werden Touren, u.a. Free Walking Tours, angeboten. Sehr interessant.
LG margarete
Hallo Margarete,
das hört sich beides spannend an.
Danke für die Hinweise.
BG, Peter
Bei meinem vorletzten Manila-Besuch war ich auch auf dem Manila North Cemetery. Auch ich fand es höchst interessant. Da ich vorher bereits ein paar Elendsviertel besucht habe (zur Unterstützung einer kleinen Vor-Ort-Hilfsorganisation) bemerkte ich große Unterschiede zu den Menschen auf dem Friedhof. Wo die Grenze der Unwürdigkeit liegt, muss jeder selbst entscheiden. Aber unzweifelhaft kann man das zB. die Gegend San Andres Booking rund um die Oxyn Str. sagen. Zumindest für die, die kein eigenes Dach über dem Kopf haben. Aber auf dem Friedhof spielt sich ein sehr armes, aber lebendiges Leben ab. Die Menschen dort sagen nicht umsonst, dass sie Glück gehabt haben.
Danke für den Bericht. Ich plane gerade meine nächsten beiden Reisen und stieß so auf Ihre Seite.