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Jakobs­weg (5/10):Von Bel­o­ra­do über Bur­gos nach Hontanas

Im Morgengrauen: Bitterkalt auf Anhöhe hinter Atapuerca

 11. Tag, 24.September
Bel­o­ra­do – Tosan­tos – Vil­la­bam­bis­tia – Vil­lafran­ca – San Juán de Orte­ga – Agés, 28,5km; Alber­gue San Rafael
Auf­bruch: ca 7:30 Uhr

Müh­sam!
Woll­te wenigs­tens die 3,7km bis Tosan­tos gehen.
Bar für Früh­stück und eine Bus­mög­lich­keit gab es aber erst 2 km wei­ter in Vil­la­bam­bis­tia. Also wie­der aufgerafft.
In der Bar beschloss ich dann: es reicht! Schluss. Aus! Her mit dem Bus!
Der soll­te in 10 Minu­ten in ca 400m Ent­fer­nung auf der Haupt­stra­ße abfah­ren. Ich also mei­nen Cola Cao run­ter­ge­stürzt, raus aus der Bar und ab ging’s.
Nach 10 Metern stell­te ich fest: tut ja gar nicht so weh, nach wei­te­ren 20 Metern beschloss ich umzu­keh­ren und den Cami­no wie­der auf­zu­neh­men. Ich stärk­te mich noch mit einem Boca­dil­lo con Que­so und mach­te mich auf den Weg.
Die schwie­ri­ge und ris­kan­te Pas­sa­ge war dann von Vil­lafran­ca nach San Juán de Orte­ga. Schwie­rig und ris­kant des­halb, weil es zum einen erst­mal kräf­tig berg­auf auf eine Höhe von 1.160 Metern geht und zum ande­ren auf einer Stre­cke von 12,5 km kein Haus oder gar ein Dorf gibt. Abso­lut nichts. Nada!
Wie in den letz­ten Tagen waren denn auch die letz­ten Kilo­me­ter nach San Juan reich­lich unan­ge­nehm. Egal, ich kam an und war fix und fertig.

Der Ort ist sehr “über­sicht­lich”. Nach dem Ein­che­cken in die ein­zi­ge Her­ber­ge (die mit der Knob­lauch­sup­pe nach der 18-Uhr-Mes­se), pack­te ich mei­nen Ruck­sack aus. Zum Duschen hat­te ich noch kei­nen Bock, setz­te mich in die Son­ne und stu­dier­te die nächs­te Tagesetappe.
Als ich sah, dass es am nächs­ten Tag nach Bur­gos 28 km sind, habe ich nach 40 Minu­ten Erho­lung mei­ne Sachen wie­der ein­ge­ge­packt und bin die 3,7 km nach Agés auch noch ange­gan­gen. Es ging erstaun­lich gut.

Spanien, Jakobsweg, Bar und "Tante Emma Laden" in Ages Besitzer bei der Siesta, Foto Gert Kleinsteuber

Bar und “Tan­te Emma Laden” in Agés, Sies­ta                              Foto Gert Kleinsteuber

Agés ist klein, hat aber eine gan­ze Rei­he von Unter­künf­ten. Hät­te gern in der Alber­gue Muni­ci­pal (in der auch Don & Jody waren) über­nach­tet. Das Blö­de war bloß, dass ich mitt­ler­wei­le spät dran und somit alles aus­ge­bucht war. Na toll.
Mit viel Mühe und Über­re­dungs­kunst habe ich dann in der Alber­gue San Rafa­el noch den letz­ten Platz auf einem Matrat­zen­la­ger direkt unter dem Dach erwischt. Aber immer­hin hat­te ich somit sel­bi­ges auch über dem Kopf. Die Stim­mung war gut, mei­ne 3 Eng­län­de­rin­nen, Judith, Enri­que, Luis und ein paar Deut­sche und Spa­ni­er teil­ten mit mir den Dach­bo­den. Insgs­amt 2 Duschen gab es auch. Was will man mehr?!

Am sel­ben Abend war ich mit Clau­dio (Spa­ni­er), einem wei­te­ren Spa­ni­er und der 60jährigen Kana­die­rin Tony essen. Ich hat­te Tony bereits ken­nen­ge­lernt, als sie mich gebe­ten hat­te für sie ins spa­ni­sche zu über­set­zen – sie war den gan­zen Tag mit einem argen­ti­ni­schen Pär­chen zusam­men gegan­gen, hat­te sich auch präch­tig amü­siert, aller­dings ohne ein ein­zi­ges Wort zu verstehen!

Die­se Tony erzähl­te nun, dass sie den Weg vor zwei Jah­ren schon ein­mal gegan­gen sei. Nicht ohne Stolz ergänz­te sie, dass sie die ers­te Etap­pe über die Pyre­nä­en top­less gegan­gen sei. Nun muss man wis­sen, dass sie ein reich­lich häss­li­cher Vogel mit abso­lu­tem Hän­ge­bu­sen war. Auf mei­ne ent­geis­ter­te Fra­ge: „You mean real­ly top­less“ erwi­der­te sie „yes, naked“. Mei­ne Bemer­kung „Then you must be an exhi­bi­tio­nist“ kon­ter­te sie mit „No, I am a nudist“. Dann zück­te sie ihr Han­dy und prä­sen­tier­te Clau­dio zu des­sen Ent­set­zen stolz ihr ent­spre­chen­des Foto. Ich hat­te die Nacht Alp­träu­me und hoff­te die­ser Frau nicht wie­der zu begegnen.

12. Tag, 25. September
Agés – Bur­gos, 23,5km; Alber­gue Municipal
Auf­bruch: 7:00 Uhr — Ankunft 12:15 Uhr

Jakobsweg, Anhöhe (1081m) hinter Atapuerca, bitterkalt!

Bit­ter­kalt! 🙁 Anhö­he (1081m) hin­ter Ata­puer­ca            Foto (vom Mai): Gert Kleinsteuber

Nach weni­gen Kilo­me­tern geht es auf diesr Etap­pe ziem­lich steil bis auf 1.081m. Eisi­ge, star­ke Win­de las­sen mich reich­lich frie­ren. Mei­ne Hän­de sind steif und blau gefro­ren. Manch­mal hät­te ich schon ganz ger­ne Hand­schu­he dabei gehabt. Auch mei­ne nack­ten Füße füh­len sich heu­te nicht wirk­lich wohl. Obwohl es sehr unge­müt­lich ist, bin ich zu faul mei­nen Ano­rak und die lan­gen Hosen­bei­ne raus­zu­ho­len und über­zu­zie­hen. Irgend­wann geht’s zwar end­lich wie­der run­ter, aber wär­mer wird es trotz­dem nicht.. Also schnal­le ich mir end­lich doch noch mit steif­ge­fro­re­nen Hän­den mei­ne Hosen­bei­ne an und zie­he den Ano­rak über. Nach ca 2 Stun­den kommt dann auch mal die lang her­bei­ge­sehn­te Bar.

Und irgend­wann beginnt dann auch die Stre­cke, die nicht wirk­lich emp­foh­len wird, für die ich mich aber ent­schlos­sen habe, weil ich dort zur Not auf den städ­ti­schen Bus zurück­grei­fen kann: 11 Kilo­me­ter, vor­bei am Flug­ha­fen von Bur­gos und dann immer gera­de­aus durchs Industriegebiet!
Im Blick­feld: dro­hen­de Regenwolken.
Zum Glück gibt es den aber erst, nach­dem ich in der moder­nen (d.h. vor allem gute Bet­ten­auf­tei­lung) Alber­gue Muni­ci­pal 🙂  – gleich neben der beein­dru­cken­den Kathe­dra­le — ein­ge­checkt habe.

Jakobsweg, Burgos, Kathedrale im Sonnenschein   Foto Helmut Hopf

Bur­gos, Kathe­dra­le                                                         Foto Hel­mut Hopf

Bur­gos gefällt mir bis auf den am Nach­mit­tag ein­set­zen­den Regen gut. Aller­dings ist mein Fuß immer noch geschwol­len und tut weh.

Heu­te fiel mein Arm­band aus Phnom Penh (habe ich seit März) ab.
Hat das jetzt irgend­was zu bedeuten?

13. Tag, 26. September
Bur­gos – Tar­da­jos – Rabé de las Calzadas – Hor­nil­los del Cami­no – Hon­ta­nas, 32,4km!; Alber­gue San­ta Brigida
Auf­bruch: 6:45 Uhr — Ankunft 14:00 Uhr

Lan­ge ers­te Teil­stre­cke durch viel Pfüt­zen. Da aber das eigent­li­che  Tages­ziel Hor­nil­los (20km) bereits um 11:15 Uhr erreicht war und ich dem­zu­fol­ge um die­se Zeit auch noch nicht ein­che­cken konn­te, auf einem klei­nen Platz erst­mal mei­nen übli­chen Cola Cao getrunken.
Lan­ge über­legt, ob ich weitergehe.

Jakobsweg, Herberge in Hornillos del Camino, Foto: Gert Kleinsteuber

Jakobs­weg, Her­ber­ge in Hor­nil­los del Cami­no                          Foto: Gert Kleinsteuber

Don & Jody haben beschlos­sen hier zu blei­ben, obwohl es hier nur die eine Alber­gue gibt. Habe mich dann doch mutig auf die nächs­te Teil­stre­cke von 11 km gemacht. Leich­ter, aber teil­wei­se extrem mat­schi­ger Weg vor­bei an abge­mäh­ten Fel­dern. Wei­te Ebene.
Um 14:00 Uhr, nach bis­her längs­ter Etap­pe, in Hon­ta­nas ange­kom­men. Fuß tut jetzt natür­lich wie­der weh.
Im Ort meh­re­re Unter­künf­te; blei­be im San­ta Bri­gi­da (geräu­mi­ges 8‑Bett-Zim­mer). Ins­ge­samt vie­le Bet­ten, aber nur 2 Duschen und 1 Män­ner­toi­let­te. Es ist schat­tig und unan­ge­nehm kalt. Abend­essen mit dem 67-jäh­ri­gen Spa­ni­er Pablo, der den Weg schon 13mal gegan­gen ist!

Nächs­ter Beitrag:

Jakobs­weg (6/10): Von Hon­ta­nas über Saha­gún nach León 

Eure Beloh­nung für mei­nen Bei­trag ist es, wenn Ihr ihn auf Eurem Social Net­work teilt. Danke!

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