1. Tag, 14. September
St. Jean Pied de Port — Roncesvalles, 24,7km; Albergue Municipal
Aufbruch: 7:00 Uhr
Am Nachmittag des Vortages konnte ich nicht mehr losgehen, weil die Unterkünfte auf halbem Wege nach Roncesvalles voll waren. Eigentlich wollte ich zumindest die ersten 7 km bis Orisson zum Eingewöhnen laufen. Also musste es jetzt an Tag 1 die ganze Strecke sein: über die Pyrenäen, rauf auf 1.400 m und schliesslich wieder runter auf 900m (Roncesvalles). Hört sich einfach an, aber man spürt es — besonders als ungeübter Wanderer — mit ca 10 Kilo auf dem Rücken.
Meine Wanderschuhe entsprachen nicht den allseits Empfohlenen, denn es waren meine Sandalen und dann auch noch barfuß!
Um 7:00 Uhr bin ich als einer der letzen aufgebrochen. Der Morgen dämmerte bereits leicht und der Weg wurde selbst von mir leicht gefunden, da gut gekennzeichnet. Außerdem konnte man in unregelmäßigen Abständen andere Pilger erkennen.
Leider herrschte auf dem Pass oft keine so gute Sicht, weil die Umgebung in den Wolken lag. Sah aber auch so sehr malerisch aus. Ab und zu schwebten riesengrosse Adler(?) majestätisch über uns. Ein Grossteil der Pilger scheint erstaunlicherweise aus Korea zu kommen. Aber die Zusammensetzung ist ansonsten reichlich international.
Ich hatte die schwerere/schönere “Route Napoleon” gewählt; zum einen, weil es zum Glück nicht mehr regnete, zum anderen, weil es die meisten machten. Da wollte ich nicht zurückstehen.
(Bei wirklich schlechtem Wetter sollte man wohl besser die Strecke über Valcarlos wählen).
Die angegebene Zeit von 7 1/2 Stunden musste ich natürlich unterschreiten, mit dem Ergebnis, dass ich bei meiner Ankunft noch nicht ins Kloster, die Albergue de Peregrino, konnte. Einlass erst um 14:00 Uhr. So wartete man im sonnigen Innenhof, bekam dann den obligatorischen Stempel fürs Credencial und sein Stock-Bett zugewiesen.
Mehrere Stockwerke bieten Platz für 350 Pilger (und das Kloster war später gerammelt voll). In diesem Fall war alles modern und auf dem neuesten Stand (2011), incl. Waschküche und grosser Küche zum Selberkochen. Ich bin dann aber später ins Restaurant.
Roncesvalles scheint mehr oder weniger nur aus 4 Gebäuden/Unterkünften zu bestehen.
Um 22:00 Uhr ist Zapfenstreich, d.h. wer dann nicht zuhause ist hat Pech gehabt.
2. Tag, 15.09.
Roncesvalles – Zubiri, 24,7km; Albergue Zaldiko
Aufbruch: 6:30 Uhr
Der Tag begann für mich suboptimal, da um 6:00 Uhr zwei Mitglieder der Bruderschaft unter absingen kirchlicher Lieder die Runde vorbei an unseren Schlafkojen machten. Grossartig!
Übrigens sind in diesen Unterkünften Ohrstöpsel, wegen der Schnarcherei das Wichtigste. Ansonsten kann man jeglichen Schlaf vergessen.
Einige Pilger hatten sich bereits früher auf den Weg gemacht!
Heute ging es mir physisch schlechter als gestern, Kopf bis Hüfte waren ok, aber weiter abwärts bereiteten mir die meisten Körperteile Sorgen — erstaunlicherweise bis auf die Knie.
Um 6:30 verlasse ich das Kloster und geistere mithilfe meiner Taschenlampe durch stockdunklen Wald. Man kann die Hand nicht vor Augen sehen; ab und zu blitzen in einiger Entfernung die Taschenlampen oder Kopfleuchten meiner Mitpilger.
In Burguette gibt es endlich ein leckeres Frühstück. Hier nimmt man denn auch zum ersten Mal die Gesichter der Mitpilger auf und speichert sie ab. Wir werden uns in den nächsten Tagen immer wieder über den Weg laufen.
Der Weg ist nicht so schwierig, wie am Vortag. Nichtsdestotrotz sollten sich die Knochen im Laufe des Tages stärker bei mir melden. Trotzdem gehe ich mit großen Schritten weit schneller als ein Großteil der anderen und so bin ich auch schon vor 12 Uhr in Zubiri. Ich entschließe mich für die private Albergue Zaldiko (10€) mit nur je 8 Betten in 2 kleinen Zimmern. 2 Duschen/Toiletten. Aber immer noch komfortabler als die Albergue Municipal (6€, 1 großer Raum).
Treffe auf die ersten Opfer mit Blasen an den Füßen.
Nach der Dusche werden erstmal Klamotten gewaschen. Dieses Ritual wird jetzt spätestens jeden dritten Tag stattfinden, entweder als Handwäsche oder mit Maschine. Danach kommt’s auf die Leine oder in den Trockner. Waschplätze sind in so gut wie allen Herbergen vorhanden.
Nachmittags ist Entspannung am Flussufer in der Sonne auf meinem Schlafsack angesagt.
Knochen tun weh, aber keine Blasen.
3. Tag, 16.09. Zubiri – Pamplona, 20,9km; Albergue (Municipal) Jesus y Maria Aufbruch: 6:40 Uhr
Heutige Strecke finde ich nicht so anspruchsvoll, was natürlich nicht bedeutet, dass mir alles ab der Hüfte keine Pein bereitet. Wenn ich laufe, geht es. Aber wehe ich habe einen Kaffee und ein Bocadillo zu mir genommen: das Aufstehen und Loslaufen hat es jedes Mal in sich!
Der Weg ist auch hier gut gekennzeichnet. Dies ist übrigens fast auf dem ganzen Camino so. Ich habe mich letztlich nur einmal später in Galicien verlaufen, und das lag an meiner Unaufmerksamkeit.
Bin bereits um ca 11 Uhr in Pamplona und steuere gleich die Albergue Jesus y Maria an. Sie macht gerade auf (ungewöhnlich früh), so dass ich eines der ersten Betten (7 €} bekomme.
Wenn man ankommt, geht man meistens erstmal zum Duschen. Dies ist ratsam, da es immer (zu) wenig Duschen gibt. Je später man ankommt bzw. duscht, umso länger muss man dann warten.
Auch in einer Stadt wie Pamplona läuft man sich ständig über den Weg; abends essen mit Fabi (Italien), die ich schon in Roncesvalles beim Abendessen kennengelernt hatte. Ebenfalls dabei: Greg, ein Franzose mit langem Wallehaar und einem bodenlangen, schweren Mantel – mein Spitzname für ihn war später The Magician, andere nannten ihn Matrix oder den Dark Ghost of The Camino. Gespräche mit ihm waren nicht unanstrengend.
Herberge schließt um 23:00 Uhr.
Hallo Peter,
wunderbare und beeindruckende Photos die mich an meinen Weg erinnern. Sofort bin ich gedanklich auf meinem Jakobsweg. Gerade Roncesvalles, mit seinem riesigen Schlafsaal ist bei mir in lebhafter Erinnerung geblieben. Danke für deine Beschreibungen, genau so habe ich meinen Jakobsweg erlebt, tolle Erinnerungen!
Hallo Peter,
geht mir ähnlich, wenn ich ab und zu mal wieder reinlese.
Denke gerne daran zurück.
BG, Peter
hallo heute Sonntag Morgen 7.5.17. lese zufällig wie begeistert und finde mich sofort wieder bin 2009 dort gewesen , alles in 33 Tagen möchte wenn Jakobus und der liebe Gott mitspielen noch mal hin, bin erst 74.
Das hört sich toll an!
Ja, ich kann mir gut vorstellen das auch nochmal anzugehen…
Hey Peter,
haha, das ist ja lustig, ich war genau in denselben Herbergen, in allen 3 Städten 😀
Du hattest mit dem Wetter und dem körperlichen Gesamtzustand ganz offensichtlich mehr Glück als ich — aber naja, ich hab es ja auch irgendwie überlebt 😉
Schöne Grüße aus Spanien,
Caro
Hallo Caro,
León hat mir gut gefallen. Dort scheinst du ja inzwischen angekommen zu sein. Ich hatte dort einen kurzen Zwangsaufenthalt.…
BG, Peter
Hier ein weiterer Bericht mit ähnlichen Fotos.
Der Weg, dieses Mal von Saint Jean Pied de Port bis Burgos, wurde gerade beendet.
LG Margarete
https://petra-kaiser.de/forum/thread/6648-auf-dem-jakobsweg-unterwegs-camino-franc%C3%A9s/?pageNo=1