Jeff Koons lädt zur Vernissage seiner Kunstausstellung „Apollo“ auf der griechischen Insel Hydra. Es ist Mitte Juni 2022 und der Künstler legt noch letzte Hand an die Ausstellung.
Über den Künstler Jeff Koons (Geb. 1955) gehen die Meinungen weit auseinander. Unstrittig ist allerdings, dass er durch den Verkauf seiner Statue Rabbit für 91 Millionen US Dollar der teuerste lebende Künstler ist — dicht gefolgt von David Hockney.
Eines morgens liegt eine ungewöhnliche Yacht am Kai von Hydra. Sie will so gar nicht in das gemütliche Leben und zu den anderen Yachten im Hafen von Hydra passen. Wenig später erfahre ich, es ist die Yacht Guilty des milliardenschweren Kunstsammlers Dakis Joannou. Der ist in der internationalen Kunstszene ein Begriff, wurde er doch bereits 2004 von ArtReview zum weltweit führenden Sammler gewählt. Die von ihm 1983 in Athen gegründete Deste Foundation für zeitgenössische Kunst hat mit dem Slaughterhouse eine Dependance auf der kleinen Insel Hydra, nur 70 Kilometer südwestlich von Athen. Dadurch schaffte es die idyllische, autofreie Insel im Saronischen Golf auf die Landkarte der internationalen Kunstszene.
Alljährlich — seit 2009 — finden hier im „Slaughterhouse“, einem ehemaligen Schlachthaus, internationale Kunstausstellungen mit hochkarätige Künstlern wie Matthew Barney oder Kiki Smith statt. Und da schließt sich der Kreis. Dakis Joannou und Jeff Koons sind bereits seit den 1980er Jahren befreundet, waren damals sogar schon zusammen auf Hydra. Jetzt, im Juni 2022, wird die bereits zweimal wegen Corona verschobene Jeff Koons Ausstellung Apollo eröffnet.
Ich treffe Jeff Koons bei einem Morgenspaziergang mit Dakis Joannou auf der Hafenpromenade. Als ich ihm erzähle, dass wir mal zusammen in München im Georgenhof essen waren und er mir von seiner Zusammenarbeit mit Caspar König vorschwärmte, sehe ich in seinem Gesicht wie er sich — vergeblich — zu erinnern versucht. Nun muss ich aber zu seiner Ehrenrettung sagen, dass das Abendessen gute 30 Jahre her ist! Nachdem ich ihm versichert habe, dass wir auch Weißbier getrunken haben, erkundigt er sich nach meinem Namen und ich sage ihm gemäß amerikanischem Brauch: Peter. Er aber will — völlig untypisch — auch meinen Nachnamen wissen. Danach stellt er mich dann Dakis Joannou und seiner Frau vor, nicht ohne zu erwähnen, dass ich aus München bin und ein phänomenales Gedächtnis habe.
Vernissage der Jeff Koons-Ausstellung „Apollo“
Ein paar Tage später — wir sind uns inzwischen mehrfach über den Weg gelaufen — findet die Vernissage statt.
Ich mache mich um 19:30 Uhr auf den Weg zum Ausstellungsort, dem Slaughterhouse. Am Hafen stoße ich auf einen Pulk von Leuten, der von Jeff Koons und dem Bürgermeister der Insel angeführt wird. Zu der illustren Gesellschaft gehören Honoratioren, Kunstliebhaber, Galeristen, berühmte Künstler aber auch Touristen, die gerade auf der Insel Urlaub machen.
Ich eile ein paar Schritte voraus um die Entgegenkommenden zu fotografieren. Jeff begrüßt mich im Vorbeigehen mit Shake Hands und ich reihe mich hinter ihm ein. Am Hafenausgang ist eine lange Reihe von Tischen aufgebaut; hier findet anschließend ein Catering statt.
Bis zum Slaughterhouse, das auf den steil abfallenden Klippen über dem Meer thront, sind es nur ungefähr 700 Meter. Kurz davor, in 30m Entfernung kommt die Menge zum Stillstand. Jeff greift zum Telefon. Ich vermute, dass er Dakis Joannou anruft, denn der ist schließlich der Gastgeber & Hausherr und noch nicht zu sehen. Die festliche Menge wartet geduldig und erwartungsvoll in der warmen Abendsonne. Schließlich wird die erste Gruppe eingelassen.
Der Ausstellungsraum ist ein in Anlehnung an den griechischen Gott Apollo(n) gestalteter Tempel. Die Wandgestaltung entstand im New Yorker Atelier und wurde anschließend nach Hydra transportiert und aufgetragen. In der Mitte des Raumes steht der Gott der Sonne und der Musik, Apollo, mit einer Kithara. Die Kithara ist ein Saiteninstrument, das sich durch seinen vollen Klang auszeichnete und gerne zu Ehren des Gottes Apollon gespielt wurde. An der Seite des Apollo züngelt eine Schlange, die manchen der Besucher verschreckt. Gegenüber der animatronischen Statue sind ein paar edle Sneakers an der Wand — Symbol für die Vergötterung in der heutigen Zeit?
Koons hat zwei Jahre an der Ausstellung gearbeitet und sich bereits seit längerem mit der Polychromie in der Antike ausführlich auseinandergesetzt. Demzufolge ist im Tempel alles bunt und farbenfroh und widerspricht der gängigen Vorstellung, dass die Skulpturen und Tempel seinerzeit weitestgehend farblos waren.
Zusätzlich zur Statue, den Mosaiken und Freskos steht direkt vor dem Eingang ein einfacher Holztisch mit Uhren, einem Urinal und dem Rad eines Fahrrads. Offensichtlich eine Hommage an Marcel Duchamp.
Daneben sorgen Ziegen und das Verbrennen von Weihrauch durch seine Frau Justine Wheeler Koons für authentische Tempelstimmung.
Auf dem Dach des Slaughterhouse grüßt ein weit sichtbares Windrad in Form einer goldenen Sonne mit dem Gesicht des Apollon.
Auf dem Weg zurück zum Ort tauchen wir schnell wieder ein in das Hier und Jetzt mit Musikbeschallung des kompletten Hafens und der Speisung für Jedermann, ob Kunstaficionado, Local oder Tourist.
Die Ausstellung Apollo von Jeff Koons im Slaughterhouse auf der griechischen Insel Hydra lief bis Ende Oktober 2022
Das autofreie Hydra ist ideal für einen entspannten Urlaub. Hier kommst du zu meinem Beitrag mit Info & Tipps zur Insel Hydra.
sehr interessant 👍🏼
Danke für den tollen Bericht. Er zeigt eine weitere Facette von Jeff Koons.
Mensch Peter, wir beneiden dich! Was für eine großartige Begegnung auf einer bestimmt auch großartigen Insel (auf der wir noch nie waren, aber immer mal hinwollen). Eine Geschichte, die das Leben schrieb. Dankeschön für diesen außergewöhnlichen Beitrag. Sehr sehr cool. Herzliche Grüße von Gabi und Michael