Die abgelegene Bergregion Koyasan in der Präfektur Wakayama, südlich von Osaka, ist seit Jahrhunderten ein bedeutendes religiöses und kulturelles Zentrum des Shingon-Buddhismus. Dieser historisch bedeutsame Ort mit seinen zahlreichen Sehenswürdigkeiten wie dem mystischen Okunoin-Friedhof, Kongobuji-Tempel, Daimon-Tor und dem Tempelkomplex Danjo Garan ist ein Top-Highlight auf meiner Japanreise zur Herbstlaubfärbung im November.
Anreise zum Koyasan
Die Anreise zum Koyasan ist etwas umständlich. Deswegen solltest du genügend Zeit einplanen. Wenn du — so wie ich — von Kyoto anreist, fähsrt du erstmal mit der JR Tokaido/Sanyo Line oder der Nankai Koya Line (Nankai Electric Railway) nach Osaka-Namba. Von Osaka (s.u.) sind es ungefähr zwei bis zweieinhalb Stunden Fahrt.
MeinTipp: Eine gute Idee ist es überschüssiges Gepäck in einem der Schließfächer in Osaka zu lassen und nur mit einem Daypack nach Koyasan weiterzufahren. In der späteren Seilbahnfahrt, vor allem aber im Bus in Koyasan, kann es ansonsten Probleme geben!
Tipp: Da Koyasan in höheren Lagen liegt, kann das Wetter besonders in den kälteren Monaten wesentlich kühler sein als in Kyoto oder Osaka. Bei meiner Reise, Anfang November, waren es abends gerade mal 7 Grad. Tagsüber war es sonnig und angenehm warm.
Anreise von Osaka
Von Osaka-Namba (oder auch Shin-Imamiya) geht es mit einem der fünf täglichen Limited Expresszüge der Nankai Koya Line bis zum Endpunkt Gokurakubashi (es gibt aber auch noch die Express und Rapid Züge bei denen man allerdings meistens in der Hashimoto Station umsteigen muss). Von der Talstation geht es in 5 Minuten mit der Koyasan-Seilbahn (Koyasan-Ropeway) in einer landschaftlich schönen Fahrt den Berg hinauf nach Koyasan. Von der Seilbahnstation in Koya geht es anschließend nochmal rund 10 Minuten mit dem Bus zu den verschiedenen Haltestellen auf dem Berg Koya. Die Endhaltestelle ist der Okunoin-Friedhof.
Die meisten Tempel und Unterkünfte auf dem Koyasan sind zu Fuß erreichbar.
Tipp: Besonders in den Wintermonaten ist der Koyasan von Nebel oder Schnee bedeckt. Dann können die Betriebszeiten der Kabelbahn wetterbedingt variieren.
Unterkunft in einem Shukubo im Kloster
Viele Reisende entscheiden sich dafür in einem der zahlreichen Klöster zu übernachten, um die einzigartige spirituelle Atmosphäre zu erleben. Von den über 100 Klostern bieten rund 50 Unterkünfte für Pilger und Touristen, ein „Shukubo“, an. Einfache, aber komfortable Zimmer mit Tatami-Matten und Futons.
In einem Vorraum meines Shukubo musste ich erstmal meine Schuhe — wie in vielen japanischen Haushalten üblich - gegen Pantoffeln tauschen. Entgegen den Infos im Vorfeld hatte mein Shukubo im Sekisho In* sogar ein eigenes Bad, Heizung, Heizdecke, Internet und einen Flachbildfernseher!
Im Aufenthalt eingeschlossen ist oft ein bereits um 17:30 Uhr stattfindendes vegetarisches Abendessen, das Shojin Ryori. Entsprechend früh, nämlich um 21 Uhr, wird die Unterkunft geschlossen. Abends geöffnete Restaurants sind aber sowieso so gut wie nicht vorhanden. Am nächsten Morgen habe ich vor meiner Busabfahrt um 9 Uhr auch kein geöffnetes Café gefunden.
Im Shukubo hat man darüberhinaus oft die Möglichkeit an den täglichen Mönchsgebeten, Meditationen oder der um 7 Uhr stattfindenden, buddhistischen Morgenzeremonie teilzunehmen.
Tipp: Da Koyasan sehr beliebt ist, sollte man die preislich oft recht happige Übernachtung sehr frühzeitig buchen! Das geht bei manchen Klostern direkt oder über Buchungsportale wie Booking.com*. Empfehlenswerte Tempelunterkunft ist zB das Koyasan Syukubo Ekoin*. Eine preiswerte Unterkunft ist das einfache Koyasan Guesthouse Kokuu.
Achtung: Bei der Buchung darauf achten, dass Ihr im Zentrum von Koyasan wohnt!
Zur Not muss man ins 12 km entfernte Hashimoto ausweichen, hat dann aber nicht die Atmosphäre!
Oft wird bei einfacheren Unterkünften nur Bargeld akzeptiert.
Historische und kulturelle Entwicklung von Koyasan
Koyasan, auch bekannt als der Berg Koya, ist ein bedeutendes Zentrum des Shingon-Buddhismus in Japan und ein wichtiger Ort für die religiöse Praxis, Bildung und Kultur. Die historische und kulturelle Entwicklung von Koyasan ist eng mit der Geschichte des Buddhismus und der japanischen Gesellschaft verbunden.
Hier ist eine Zusammenfassung der wichtigsten Entwicklungsphasen von Koyasan:
Gründung: Koyasan wurde 816 n. Chr. von dem buddhistischen Mönch Kukai, auch bekannt als Kobo Daishi, gegründet. Er reiste nach China, um buddhistische Lehren zu studieren und brachte den Shingon-Buddhismus mit nach Japan zurück. Koyasan wurde der Ort, an dem er eine Klosteranlage errichtete und den Shingon-Buddhismus praktizierte.
Klosterkomplex: Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich Koyasan zu einem wichtigen Zentrum des Shingon-Buddhismus. Der Klosterkomplex auf dem Berg Koya besteht aus zahlreichen Tempeln, Schreinen, Pagoden und anderen religiösen Gebäuden. Diese architektonischen Meisterwerke spiegeln die Kunst und Kultur ihrer Zeit wider.
Pilgerort: Koyasan wurde zu einem wichtigen Pilgerort für Anhänger des Shingon-Buddhismus und zieht immer noch Gläubige aus ganz Japan und der Welt an. Der Shingon-Buddhismus ist mit seinen 12 Millionen Anhängern heute eine der bedeutendsten Religionsgruppen Japans. Pilger können den Okunoin-Friedhof besuchen, der als der größte Friedhof in Japan gilt und die Heimat des Mausoleums von Kobo Daishi ist.
Bildungszentrum: Koyasan wurde auch zu einem wichtigen Bildungszentrum für den Buddhismus und andere Wissenschaften. Die Gründung der Koyasan-Universität im Jahr 1875 unterstrich die Bedeutung des Berges als Bildungseinrichtung.
Kulturelle Bedeutung: Neben seiner religiösen Bedeutung hat Koyasan auch einen starken kulturellen Einfluss auf Japan ausgeübt. Die Tempel und Kunstwerke in Koyasan tragen zur Bewahrung und Förderung der traditionellen japanischen Kultur bei.
Weltkulturerbe: Im Jahr 2004 wurde der Koyasan-Komplex von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt, was seine historische und kulturelle Bedeutung für die Menschheit unterstreicht.
Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Koyasan
Wie bereits erwähnt gehört Koyasan zum UNESCO Weltkulturerbe. Es gibt unglaublich viele Sehenswürdigkeiten und Highlights.
Ich beschränke mich jetzt nur auf die wichtigsten Sehenswürdigkeiten.
1. Okunoin-Friedhof
Da ich gerne Friedhöfe besuche, steht natürlich der Koyasan-Friedhof, auch bekannt als Okunoin-Friedhof, bei mir an erster Stelle. Er ist einer der heiligsten Orte in Koyasan und gilt mit seinen 200.000 Grabstätten und Gedenksteinen als der größte Buddhafriedhof in Japan. Er beherbergt die Grabstätten von Tausenden von Mönchen, Kaisern, Shogunen, Adligen, Schriftstellern, Schauspielern und anderen wichtigen Persönlichkeiten. Sogar große Firmen wie Toyota, Panasonic oder Nissan haben hier Gedenkstätten zu Ehren verstorbener Mitarbeiter errichtet. Kurios wird es, wenn ein Pestizid-Hersteller ein Grabdenkmal für alle getöteten Insekten aufstellen lässt.
Leider sind die dazugehörenden Erklärungstafeln nur auf japanisch.
Ich habe den Okunoin während meines kurzen Aufenthaltes sogar 3 mal besucht. Gleich nach meiner Ankunft, nach dem Abendessen bei Dunkelheit und am nächsten Morgen um 7 Uhr. Bei jedem meiner Besuche herrschte durch die unterschiedlichen Lichtstimmungen eine ganz eigene, mystische Stimmung, die noch verstärkt wurde durch die vereinzelten Rufe der Krähen.
Tipp: Abends gibt es oft Führungen! Beim abendlichen Besuch ist eine Taschenlampe nützlich.
Auf dem Okunoin-Friedhof ruht der Gründer des Shingon-Buddhismus Kukai, der nach seinem Tod den Ehrentitel Kōbō Daishi (Meister der Lehrverbreitung) bekam, in einem Mausoleum hinter der Laternenhalle. Die Gläubigen sind überzeugt, dass Kobo Daishi in einem ewigen Zustand der Meditation verharrt und ihre Gebete erhört. Deshalb wird sein Mausoleum zwei mal täglich mit frischem Essen und Tee versorgt. Dieses Ritual, bekannt als “Ewiger Dienst”, wird seit über 1.000 Jahren ohne Unterbrechung durchgeführt.
Umgeben ist der Friedhof von einem beeindruckenden Zedernwald, der eine mystische und friedliche Atmosphäre schafft. Die riesigen, moosbewachsenen Zedernbäume sind Hunderte von Jahren alt und tragen zur spirituellen Aura des Ortes bei. Die Pagoden und Mausoleen, die sich zwischen den Bäumen erstrecken, sind Meisterwerke der traditionellen japanischen Baukunst.
Besonders ins Auge fallen mir immer wieder die Jizō Bosatsu, Mönchsstatuen mit roten Kinderlätzchen. Diese Statuen werden von Eltern früh verstorbener oder abgetriebener Kinder aufgestellt. Jizo, der Schutzpatron früh verstorbener Kinder, erkennt diese „Wasserkinder“, die nur kurz in der Zwischenwelt des Mutterleibes lebten, an diesen roten Lätzchen und geleitet sie zum Trost der Eltern sicher über den Fluss der Unterwelt ins Paradies.
Nahe der Ichi-no-hashi-Brücke, dem offiziellen Eingang zum Tempelgelände, liegt die Gokusho-Opferhalle. Hier können die Besucher an den verschiedenen Buddha Statuen mit einer Kelle Wasser über die Mizumuke gießen und so für verstorbene Vorfahren beten und um Glück bitten.
Etwas weiter folgt die Gobyo-no-hashi-Brücke. Ab hier beginnt das Innerste des Tempelbereichs. Hier liegt die Torodo-Halle, die „Halle der Laternen“ (s.u.).
Tipp: Ein Muss und Highlight gleichermaßen ist der Besuch der am Ende des 2 Kilometer langen Weges durch den Friedhof liegenden Torodo-Halle. Das ist die Haupthalle für die im Laufe des Tages stattfindenden Gottesdienste. Die Torodo-Halle beherbergt in mehreren Gängen vom Boden bis zur Decke ein Lichtermeer von weit über 10.000 gestifteten Laternen, die auf Ewigkeit leuchten. Drei von ihnen sollen niemals erloschen sein: zwei von japanischen Kaisern und eine von einer mittellosen Frau gespendete Laterne, die ihr Haar verkaufte, um ihren verstorbenen Eltern die letzte Ehre zu erweisen. Da die Laternenhalle ab dem späten Nachmittag geschlossen ist, habe ich am nächsten Morgen in meinem Shukubo auf die Morgenzeremonie verzichtet und bin in aller Frühe dorthin und war alleine dort. Sie ist ab 5 oder spätestens 6 Uhr geöffnet.
Unmittelbar dahinter befindet sich das Mausoleum des heiligen Kobo Daishi. Jeden Morgen um 6 Uhr und 10:30 Uhr bringen Mönche von der Lampenhalle Speisen zu seiner Grabstätte.
2. Der Kongobu-ji-Tempel
Der Kongobu-ji-Tempel wurde im Jahr 816 von Kobo Daishi gegründet. Er ist der Haupttempel von Koyasan und das spirituelle Zentrum des Shingon-Buddhismus in Japan. Der Tempelkomplex beherbergt viele wertvolle religiöse Artefakte. Er besteht aus mehreren Gebäuden, darunter das Hauptgebäude des Tempels, die Kongobu-ji-Halle, und den Banryutei-Steingarten, der besonders bekannt ist für seine Symbole und Darstellungen des Buddhismus. Er wurde von Kobo Daishi selbst gestaltet und enthält 140 Steine, die einen Drachen darstellen.
3. Danjo Garan Tempelkomplex
Der Danjo Garan ist ein großer Tempelkomplex mit über 20 Tempeln und Gebäuden. Er beherbergt beeindruckende Gebäude wie zB die riesige, rote Konpon Daito Pagode, die das Zentrum des Danjo Garan bildet. Sie symbolisiert den heiligen Berg Meru und repräsentiert das Zentrum des buddhistischen Kosmos. Weitere Sehenswürdigkeiten sind die Kukai gewidmete Fudo-do-Halle, die eine eine beeindruckende Statue von Fudo Myoo, einem zornigen Bodhisattva enthält.
Die Gründerhalle Miedo gilt als der heiligste Ort auf dem Berg Koya. Sie ist ausschließlich Kobo Daishi zur Meditation vorbehalten. Nur am 21. März dürfen Besucher nach einem besonderen Gottesdienst das äußere Heiligtum betreten und auf das Abbild des Gründers blicken.
Die aktuellen Bauten stammen aus dem Jahr 1932, da vieles zwischenzeitlich mehrfach durch Brände zerstört wurde.
4. Daimon-Tor
Das imposante Daimon-Tor dient als Eingang zur Stadt Koyasan und ist ein beeindruckendes Beispiel für die Architektur des Buddhismus und ein beliebter Ort für Touristenfotos. Ursprünglich stand es weiter unten im Tal. Nach einem Brand wurde es 1705 am jetzigen Standort wieder aufgebaut.
Weitere Koyasan-Sehenswürdigkeiten
Es ist für mich unmöglich alle Sehenswürdigkeiten von Koyasan aufzuzählen, geschweige denn zu besichtigen. Natürlich habe ich mehr als die o.a. Highlights gesehen. Mein Rat ist, sich einfach treiben und die Umgebung auf sich wirken zu lassen. Ein paar weitere Sehenswürdigkeiten will ich dennoch zum Schluss auflisten:
- Koyasan-Reihōkan-Museum: Dieses Museum beherbergt eine beeindruckende Sammlung buddhistischer Kunst und religiöser Artefakte, darunter Gemälde, Statuen und Schriftstücke.
- Rengejoin-Tempel: Dieser Tempel ist bekannt für seine beeindruckende Holzarchitektur und den schönen Lotusgarten.
- Koyasan-Universität: Diese Universität ist eine wichtige Bildungseinrichtung für den Shingon-Buddhismus und bietet Einblicke in die religiöse Kultur und Geschichte der Region.
- Okunoin-Gokusho-Mönchsunterkünfte: Wenn Sie ein authentisches Erlebnis suchen, können Sie in einer der Mönchsunterkünfte in der Nähe des Okunoin-Friedhofs übernachten und an den morgendlichen Gebetsritualen teilnehmen.
- Jizo-in-Tempel: Dieser kleine Tempel ist bekannt für seine Steinfiguren von Jizo, einem buddhistischen Schutzpatron der Kinder und Reisenden. Die vielen Statuen sind berührend und geben einen Einblick in die buddhistische Verehrung von Jizo.
- Eko-in-Tempel: Ein Tempel, der auch Gästehäuser für Pilger und Besucher bietet. Hier können Sie an Meditationssitzungen und Ritualen teilnehmen.
- Rokkaku Kyuzo: Dieser kleine Tempel ist für seinen kreisförmigen Grundriss bekannt und bietet eine einzigartige architektonische Erfahrung.
- Tokugawa-Mausoleum: Dieses Mausoleum beherbergt die Gräber von Mitgliedern der Tokugawa-Familie, einer der einflussreichsten Familien in der japanischen Geschichte.
Meine Rückfahrt nach Osaka: Mit dem lokalen Bus zur Koyasan Station. Weiter mit der Zahnradbahn zur Talstation. Von dort mit dem Zug nach Hashimoto (Endstation, ca 50 Minuten). Weiter mit Zug vom gegenüberliegenden Gleis bis zur Endstation Osaka Namba (ca 40 Minuten).
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Hallo!
Ich bin eine Japanerin, die kommt aus Osaka und jetzt in Berlin wohne. Ihere tolle Bilder haben mich an meine Schulreise zurückdenken gelassen. Ich habe eine Freundin von mir, die nach Japan reisen möchte. Ich habe total Koyasan vergessen! Ich möchte sie unbedingt Koyasan empfehlen. Haaa, ich vermisse Japan sehr… Danke!
Viele Grüße
N
Ich werde Koyasan nicht so schnell vergessen.
Es ist ein so beeindruckender und spiritueller Ort.
BG, Peter