Ich stehe auf dem Dach des Mailänder Doms. Der Grund für meinen Besuch ist, dass ich vor zwei Tagen im Marmor-Steinbruch von Candoglia war. Der Steinbruch Cava del Duomo a Candoglia liefert seit Jahrhunderten den rosafarbene Marmor exklusiv für den Mailänder Dom.
Inhaltsverzeichnis
Marmor aus Candoglia
Der Steinbruch Cava del Duomo a Candoglia, der im Ossolatal im Nationalpark Val Grande liegt, gehört der italienischen Kirche. Sein rosafarbener Marmor wird seit Jahrhunderten ausschließlich für den Bau des Mailänder Doms verwendet. Mit guter Planung und rechtzeitiger Anmeldung kann man an einem der insgesamt nur drei jährlichen Besichtigungstermine zwischen Juni und September teilnehmen. Organisiert und begleitet werden die Steinbruch-Führungen von Guides und Geologen des Nationalparks Val Grande (Ente Parco Nazionale Val Grande), in Zusammenarbeit mit der Domgesellschaft von Mailand (Veneranda Fabbrica del Duomo di Milano).
Startpunkt einer kleinen Wanderung ist das Steinbruch-Denkmal neben dem Hof der Steinmetz-Werkstatt an der Kreuzung in Candoglia, einem Stadtteil von Mergozzo.
Auf halber Höhe werden die in der Cava Madre gebrochenen Marmorblöcke mit schweren Maschinen bearbeitet. Hier wird Wert auf hohe Qualität gelegt. Das bedeutet, das es viel Ausschuss gibt: 80% genügen nicht den Ansprüchen und werden als Abfall im Straßenbau verwendet.
Der Steinbruch Cava del Duomo a Candoglia
Weiter geht es zum eigentlichen Herz des Steinbruchs. Dorthin, wo der Marmor aktuell abgebaut wird. Ein riesiges Loch mit einer überdimensionalen Wand in der Tiefe des Raumes empfängt uns.
Allein für den Abbau der Fläche vor der ich stehe wurden drei Jahre benötigt.
Das geschieht blockweise mit Diamantschneidern. Ein Block hat dabei die Maße 5x5m, wiegt circa 20 Tonnen und wird in 3 Monaten abgebaut.
Eigentlich ist am Eingang der Cava Madre Schluss für den Besucher. Wir haben großes Glück, denn heute wird hier nicht gearbeitet und so dürfen wir ausnahmsweise bis ans Ende der Höhle. Und anschließend sogar auf Stahltreppen noch weiter ins Allerheiligste. Selbst unser Guide ist begeistert, denn in diesem Teil war selbst er bisher noch nicht.
Nachdem unser Wissensdurst gestillt ist, geht es zurück zum Startpunkt. Hier befindet sich eine der zwei Werkstätten in der speziell ausgebildete Steinmetze arbeiten. Nachdem in Mailand der erste Entwurf gemacht wurde, wird er hier anschließend fertig bearbeitet. In erster Linie geht es darum von Witterung und Umwelteinflüssen zerstörte Teile zu erneuern. Meistens sind das die Fialen oder Pinakel, die für die gotische Architektur typischen spitzen Türmchen. Und davon gibt es auf dem Mailänder Dom unendlich viele. Und da man die Originalteile gar nicht mehr richtig erkennen kann, wird hierbei auch die eigene Gestaltungskraft gefordert.
Steinmetz Patrick Zinetti arbeitet hier seit 18 Jahren. Er ist einer von 3 Spezialisten, die die Endfertigung bzw. den Feinschliff machen. In Mailand gibt es noch eine Werkstatt, in der arbeiten 15–20 Mitarbeiter. Dort werden zusätzlich noch Statuen bearbeitet.
Sorge, dass ihnen der Marmor oder gar die Arbeit ausgeht macht sich keiner.
Die Planung für die nächsten 300 Jahre ist in Arbeit.
Das Museo Archeologico in Mergozzo
Nach der Besichtigung des Steinbruchs bietet sich ein Besuch des kleinen archäologischen Museums und ein Bummel durch die Gassen des malerischen Mergozzo an.
Mein Restaurant-Tipp für Mergozzo
Ein hervorragendes Mittagessen mit regionaler Küche habe ich im Restaurant Grotto la Dispensa (Foto von Vorspeise und Nachtisch) genossen.
Info + Tipps zu Candoglia, Mergozzo und den Sehenswürdigkeiten in der Umgebung
Info über den Steinbruch Cava Madre in Candoglia
Info zur Besichtigung des Nationalparks Val Grande
Mergozzo liegt westlich vom Lago Maggiore an einem See, dem Lago di Mergozzo. Der See hat eine Länge von 2 1/2 Kilometern. Im Ort gibt es eine handvoll Hotels und eine kleine Seepromenade.
Von Mergozzo günstig zu erreichen sind die nahegelegenen Sehenswürdigkeiten wie die Borromäischen Inseln im Lago Maggiore, die malerischen Orte Cannero und Cannobio, Baveno und Verbania mit dem zauberhaften Botanischen Garten der Villa Taranto.
Info zum Mailänder Dom
Der Bau des Mailänder Doms wurde 1386 in gotischen Formen begonnen. Der Fläche nach ist er eine der größten Kirchen der Welt.
Eine Besonderheit ist das für Touristen kostenpflichtig begehbare Dach. Es ist wahlweise über eine Treppe oder einen Fahrstuhl erreichbar. Von dort aus bietet sich ein guter Ausblick auf die Details der Steinmetzkunst des Domes.
Eintritt Mailänder Dom: Innenraum der Kirche: 3€
Dachterrasse: mit Lift 14€ (man geht aber zu Fuß wieder runter); zu Fuss hoch 10€.
Mehr Info und Fotos gibt es in meinem Beitrag “Der Mailänder Dom — Wahrzeichen von Mailand”.
Anreise zum Mailänder Dom vom Flughafen Malpensa:
Vom Mailänder Flughafen Malpensa sind es 52 km bis Mailand.
Man kommt mit Taxi (ca 95 €) Bus oder Zug (30 Min.) in die Stadt. Mit Zug zum Bahnhof Milano Cadorna (Hin- und Rückfahrt 20€, 30 Tage gültig) von dort zum Dom in ca 15–20 Fuß-Minuten oder mit der U‑Bahn.
Vielen Dank für den Beitrag zum Marmor aus Candoglia. Mein Onkel war früher Steinmetz und ist deshalb sehr interessiert an Steinen aus aller Welt. Gut zu wissen, dass es Steinbrüche gibt, die es erlauben besucht zu werden und man den Marmorabbau selbst miterleben kann.
Hallo Tobias,
wie ich geschrieben habe, ist das allerdings für “Normalos” (also für mich) in Candoglia leider nur einmal im Jahr möglich.
BG, Peter
Lieber Herr Pohle,
wir waren im Sommer 2024 am Lago Maggiore, auch in Candoglia.
Frage: wo kann ich die Information finden, an welchen Tagen eine Besichtigung des Steinbruchs möglich ist?
Ist eine Anmeldung erforderlich?
Dies würde mich sehr interessieren für einen zukünftigen Urlaub.
Wir haben die Zeit sehr genossen und kommen sicher wieder.
Viele Grüße aus Bonn
Wolfgang Klumb
Hallo Wolfgang,
gute Frage. Soweit ich weiß findet das nur einmal im Jahr statt. Für uns wurde damals eine Ausnahme für die Presse gemacht. D.h., ohne Anmeldung geht ganz sicher gar nichts.
BG, Peter