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Ai Wei­wei — Evi­dence im Mar­tin Gro­pi­us Bau, Berlin

Ai Weiwei, Foto: Gao Yuan

Ai Wei­wei – Evidence

im Mar­tin Gro­pi­us Bau, Berlin.
Ai Wei­weis Werk­schau fand 2014 im Ber­li­ner Mar­tin Gro­pi­us Bau statt.
In ins­ge­samt 18 Räu­men und im Licht­hof wur­den sei­ne Expo­na­te ausgestellt.

Ai Weiwei - Willkommen in Berlin…

Ai Wei­wei — Will­kom­men in Berlin…

Ana­log zu sei­nem Ate­lier in Peking wur­de der Besu­cher vor dem Mar­tin Gro­pi­us Bau von einem Fahr­rad mit fri­schen Blu­men begrüßt…

Ai Weiwei, Surveillance Camera, Überwachungskamera, 2010

Sur­veil­lan­ce Came­ra, Über­wa­chungs­ka­me­ra, 2010

Ai Wei­wei arbei­tet mit 20 Mit­ar­bei­tern und lebt mit sei­nen 30 Kat­zen am Ran­de von Peking. Sein Woh­nungs-Ate­lier wird rund um die Uhr abge­hört und die Umge­bung durch 17 Kame­ras über­wacht – die­se sind im Entree als stum­me Ankla­ge aus Mar­mor nachgestaltet.

Der für sein Regime unbe­que­me Kon­zept-Künst­ler Ai Wei­wei gehört zwei­fels­oh­ne zu den gro­ßen unse­rer Zeit. Beson­ders popu­lär ist er in Deutsch­land. Ent­spre­chend ist die hie­si­ge Medienpräsenz.

Das will man offen­sicht­lich in Chi­na selbst nicht wahr­ha­ben. Zumin­dest tut man alles um dem entgegenzuwirken.
Aus­stel­lun­gen in Chi­na sind dem Künst­ler unter­sagt. Man kann nur spe­ku­lie­ren, war­um es trotz­dem gestat­tet wur­de sei­ne Kunst­wer­ke nach Deutsch­land zu ver­schif­fen. Laut dem Direk­tor des Mar­tin Gro­pi­us Baus Gere­on Sie­ver­nich, der jetzt zum ers­ten Mal im eige­nen Haus eine Aus­stel­lung kura­tiert hat, glaubt das Regime offen­sicht­lich Chi­na nach wie vor so weit abschot­ten zu kön­nen, dass nichts davon im Land selbst bekannt wird.
Mir fällt es schwer zu glau­ben, dass das Regime so naiv sein soll.

Ai Wei­weis Expo­na­te haben Bezü­ge zu poli­ti­schen Ereig­nis­sen im eige­nen Land oder einen Bezug zu sei­ner Per­son und sei­ner Situation.
Oft wer­den sie ver­frem­det oder über­zeich­net dargestellt.
Nur all­zu ger­ne legt er den Zei­ge­fin­ger in offe­ne Wun­den und pran­gert Miss­stän­de an oder den kul­tu­rel­len Ver­fall der Werte.

Ai Weiwei, Stools/Hocker 2014

Ai Wei­wei, Stools/Hocker 2014

In  nord­chi­ne­si­schen Dör­fern wur­den über 6000 alte Holz­sche­mel aus der Ming- und der Qing-Dynas­tie sowie aus der Zeit der Repu­blik Chi­na gesam­melt. Heu­te wer­den sie beim Umzug in die Städ­te oft ein­fach weg­ge­schmis­sen und durch bil­li­ge Plas­tik­stüh­le ersetzt. So gehen die alten Wer­te und kul­tu­rel­le Iden­ti­tät verloren.
Durch das Auf­rei­hen der Hocker in dem Licht­hof des Mar­tin Gro­pi­us Bau ent­steht ein ein­drucks­vol­les Mahnmal.

Ai Weiwei, Stools/Hocker

Ai Wei­wei, Stools/Hocker, 2014

Ähn­lich beein­dru­ckend fand ich im Jah­re 2009 sei­ne Arbeit Soft Ground  im Münch­ner Haus der Kunst, als die Mar­mor-Qua­der einer rie­si­gen Flä­che des Bodens mit iden­ti­schen Tep­pich­qua­dern nach­ge­bil­det bzw. bedeckt wurden.

Ai Wei­wei wur­de im Jahr 2011 fest­ge­nom­men und 81 Tage an einem gehei­men Ort gefan­gen gehalten.
Ohne Anga­be von Grün­den, ohne Anklage.
Dann wur­de er – auch wie­der ohne Begrün­dung — freigelassen.
Er ver­ar­bei­tet dies indem er sei­ne Zel­le ursprüng­lich als klei­nes Modell und jetzt in Ori­gi­nal­grö­ße nach­ge­baut hat.

Ai Weiwei, Zelle, 2013

Ai Wei­wei, Zel­le, 2013

Hier leb­te er mit 24 Stun­den Beleuch­tung und stän­dig von 2 Bewa­chern umge­ben. Bei sei­nen über 50 Ver­hö­ren war er mit Hand­schel­len an einen Stuhl gefes­selt. Die Hand­schel­len (2013) wie­der­um hat er in Jade nach­bil­den las­sen, die von ihm erbe­te­nen Klei­der­bü­gel (2013) – ursprüng­lich aus Plas­tik – gibt es bei ihm in ver­sil­ber­ter Fas­sung zu sehen.

Ai Weiwei, Souvenir from Shanghai, 2012

Ai Wei­wei, Sou­ve­nir from Shang­hai, 2012

Der Will­kür des Staa­tes setzt er mit Sou­ve­nir from Shang­hai ein Denk­mal. Die Behör­den hat­ten ihm 2008 ange­bo­ten ein Ate­lier zu errich­ten. Nach der Fer­tig­stel­lung 2010 änder­ten sie wegen sei­ner zuneh­men­den, offe­nen Kri­tik an der Regie­rung ihre Mei­nung und kün­dig­ten die Zer­stö­rung an. Im Janu­ar 2011 wur­de dann das Ate­lier ohne wei­te­re Vor­war­nung zerstört.
Das Werk besteht aus Schutt­res­ten, die er „ret­ten“ konnte.

Nicht zuletzt durch sei­ne Hil­fe und Unter­stüt­zung von ande­ren Men­schen wur­de er zum Staatsfeind.

Ai Weiwei, Very Yao / Sehr Yao

Ai Wei­wei, Very Yao / Sehr Yao, 2009

Für die­se Arbeit ver­wen­de­te Ai Wei­wei 150 Fahr­rä­der der Mar­ke »Fore­ver«, einer der in Chi­na am wei­tes­ten ver­brei­te­ten Fahr­rad­mar­ken. So erin­ner­te er an Yang Jia, einen jun­gen Mann aus Bei­jing, des­sen Mord­pro­zess in ganz Chi­na Auf­se­hen erregt hat­te. Yang war, da er angeb­lich ein nicht regis­trier­tes Fahr­rad gefah­ren hat­te (wel­ches aber gelie­hen war), rechts­wid­rig fest­ge­nom­men und wäh­rend sei­ner Haft schwer miss­han­delt wor­den. Nach erfolg­lo­sen Appel­len an die Recht­spre­chung klag­te man ihn des Mor­des an sechs Poli­zei­be­am­ten aus Shang­hai an. Nach meh­re­ren unfai­ren Gerichts­ver­fah­ren befand man ihn des Mor­des für schul­dig und ver­ur­teil­te ihn zum Tod (Pres­se­text)

Man lernt in die­ser Aus­stel­lung viel über Chi­na, auch durch schein­bar unbe­deu­ten­de Expo­na­te, wenn man die Hin­ter­grund­ge­schich­te dazu hört, zB Taxi Win­dow Crank / Taxi­fens­ter­kur­bel (2012).
In einem beglei­ten­den Video erfährt man, dass die Regie­rung vor den Kon­gres­sen der Natio­na­len Volks­par­tei­en ange­ord­net hat­te aus den Taxis die Fens­ter­kur­beln zu ent­fer­nen, um zu ver­hin­dern, dass Fahr­gäs­te Flug­blät­ter aus den geöff­ne­ten Fens­tern warfen…

Die Arbeit One Man Shoe / Ein­mann­schuh aus sei­ner New York Zeit aus dem Jah­re 1987 zeigt den Ein­fluß von Mar­cel Duchamp.

Ai Weiwei, Einmannschuh, 1987

Ai Wei­wei, Ein­mann­schuh, 1987

Die Aus­stel­lung lief bis zum 13. Juli 2014 in Ber­lin, Mar­tin Gro­pi­us Bau.

Eure Beloh­nung für mei­nen Bei­trag ist es, wenn Ihr ihn auf Eurem Social Net­work teilt. Danke!

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