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Fave­la Tour Rocin­ha – Eine Tour durch das bekann­tes­te Armen­vier­tel Rios

Favela Tour Rocinha, Titel 3

Fave­la Tour Rocin­ha: Kann man die­se Art von Tou­ris­mus unter­stüt­zen, indem man an einer Fave­la Tour teil­nimmt oder fällt das unter Voy­eu­ris­mus? Ich bin unsicher…

Favela Tour Rocinha

Fave­la Tour Rocinha

Favela Tour Rocinha, Totale, Titel 4

Fave­la Tour Rocinha

Fave­la Tour Rocinha

Ich mache mir ger­ne selbst ein Bild, um mit­re­den zu kön­nen. Wie ich fin­de, gibt es an einer Fave­la Tour mit einem loka­len Füh­rer, der dort auf­ge­wach­sen ist, nichts auszusetzen.
Man bekommt einen guten Über­blick und inter­es­san­te Ein­drü­cke vermittelt.

Ich per­sön­lich fand mei­ne Fave­la Tour aller­dings nicht so span­nend. Das hängt aber sicher damit zusam­men, dass ich bereits vor­her ein paar Tage in einer ande­ren Fave­la, der Fave­la Vidi­gal (sie­he eige­ner Bericht) gewohnt hatte.

Fave­la ist eigent­lich der Name einer Kletterpflanze.…

Im Jahr 1897 bau­ten ein paar arme Leu­te in Rio ihre Behau­sun­gen an einen Hang auf einem Hügel. Die­ser Hügel trug den Namen einer Klet­ter­pflan­ze Mor­ro de Fave­la.

Die Sied­lung hieß ent­spre­chend „Fave­la“.
Da sich spä­ter wei­te­re Sied­lun­gen ärme­rer Leu­te an den Hügeln wie Klet­ter­pflan­zen am Berg aus­brei­te­ten, steht heu­te der Name Fave­la im Por­tu­gie­si­schen als Syn­onym für „Armen­vier­tel“, „Slum“ oder „Elends­vier­tel“.

Die Ärms­ten der Armen nah­men zum Bau ihrer Behau­sun­gen alle Mate­ria­li­en derer sie hab­haft wer­den konn­ten: von Papp­kar­tons über Kis­ten und Bret­tern bis zu Palm­zwei­gen oder Well­blech­tei­len. Nach und nach wur­den die Häus­chen immer mehr verbessert.
Da die Stadt kei­ne Strom­lei­tun­gen hier­her ver­legt, wer­den Nach­bar­ge­mein­den mit gefähr­li­chen Kabel­kon­struk­tio­nen angezapft.
Was­ser gibt es nur an öffent­li­chen Wasserstellen.
Da das Land ursprüng­lich ille­gal in Besitz genom­men wur­de, haben die Bewoh­ner folg­lich auch kei­ne Besitzansprüche.

Favela Tour Rocinha, Kabelsalat

Fave­la Tour Rocin­ha — Aben­teu­er­li­che Kabelkonstruktion

Favela Tour Rocinha, Treppe 3
Favela Tour Rocinha

Ich mache eine Tour durch die Fave­la Rocin­ha.
Sie erstreckt sich über einen stei­len Berg­hang im süd­li­chen Teil der Stadt, etwa einen Kilo­me­ter vom Strand ent­fernt und ist sicher die größ­te und bekann­tes­te in Rio de Janeiro.
Bekannt, ja sogar berühmt ist die Fave­la zum einen wegen der Lage in unmit­tel­ba­rer Nähe zu den welt­be­rühm­ten Strän­den von Ipan­e­ma und Copa­ca­ba­na, zum ande­ren wegen der zahl­rei­chen Macht­kämp­fe unter den Dro­gen­kar­tel­len.

Wie­vie­le Men­schen dort woh­nen ist letzt­lich nicht geklärt – die Zah­len schwan­ken zwi­schen 200.000 bis sogar 400.000, je nach­dem, ob die Zah­len von offi­zi­el­ler Sei­te oder von den Bewoh­nern selbst kommen.
Was die Grö­ße betrifft, gibt es inzwi­schen ande­re, grö­ße­re Fave­las. Die­se sind so eng zusam­men­ge­wach­sen, dass sie wie eine ein­zi­ge Fave­la erschei­nen. So ist zB der Com­plexos do Ale­mão zwei bis drei­mal so groß wie Rocinha.

Zah­len schwan­ken zwi­schen 200.000 bis sogar 400.000, je nach­dem, ob die Zah­len von offi­zi­el­ler Sei­te oder von den Bewoh­nern selbst kommen.
Was die Grö­ße betrifft, gibt es inzwi­schen ande­re, grö­ße­re Fave­las. Die­se sind so eng zusam­men­ge­wach­sen, dass sie wie eine ein­zi­ge Fave­la erschei­nen. So ist zB der Com­plexos do Ale­mão zwei bis drei­mal so groß wie Rocinha.

Sanie­rung der Favelas…

In den letz­ten Jahr­zehn­ten wur­de ver­stärkt auf die Sanie­rung der Fave­las gesetzt.
In die­sem Zusam­men­hang wur­de Rocin­ha 1992 als ers­te Fave­la zum Bar­rio, einem offi­zi­el­len Stadt­teil Rios, erklärt.
Obwohl auch die Besitz­ver­hält­nis­se in den meis­ten Fäl­len lega­li­siert sind, wird Rocin­ha aber immer noch als Fave­la bezeichnet.

Beson­ders im Vor­feld der Fuss­ball WM 2014 und der Olym­pia­de 2016 wur­den die Fave­las sys­te­ma­tisch durch das Mili­tär und die Poli­zei von kri­mi­nel­len Ele­men­ten „gesäu­bert“. Vor Ort wur­den Poli­zei­stel­len ein­ge­rich­tet und die Staats­macht ist all­ge­gen­wär­tig. Da die Ein­woh­ner der Mei­nung sind sie könn­ten alles bes­ser unter­ein­an­der regeln sind die­se Poli­zis­ten äußerst unbeliebt.
Tat­sa­che ist wohl, dass auch zu Zei­ten der Dro­gen­kar­tel­le strik­te Regle­ments herrschten.

Favela Tour Rocinha, Straße
Favela Tour Rocinha, Straße von oben
Auf mich wirkt Rocin­ha wie ein ganz nor­ma­ler Stadt­teil, mit jeder Art von Geschäf­ten, Hand­werks­be­trie­ben, Restau­rants und Stra­ßen. Es gibt sowohl Kir­che als auch Schu­len und Sport­an­la­ge. Auch ist das Bar­rio an das öffent­li­che Bus­netz angeschlossen.
Natür­lich ist hier vie­les ein­fa­cher, ärm­li­cher und schein­bar unge­ord­ne­ter. Aber vie­les wie­der­um klappt erstaun­lich gut. So zB die Post­zu­stel­lung: da es in dem Gewirr der win­zi­gen Durch­gän­ge weder Stra­ßen­na­men noch Haus­num­mern gibt, ste­hen an mar­kan­ten Stel­len gro­ße Kör­be in denen der Brief­trä­ger die Post ablädt. Hier schaut dann jeder regel­mä­ßig nach sei­ner Post.
Im Gewirr der Woh­nun­gen und Gas­sen kann man sich leicht ver­lau­fen. In die­sem Fall sind die Bewoh­ner hilfs­be­reit zur Stelle.

Natür­lich sind die Dro­gen­gangs in Rocin­ha nicht gänz­lich ver­schwun­den. So wur­den an Weih­nach­ten 2015 Poli­zis­ten mit Stei­nen bewor­fen und es kam zu einer Schie­ße­rei. Unmit­tel­bar vor­her wur­de dort bei einem Streit ein Mann erschossen.

Ich per­sön­lich habe mich weder in Rocin­ha noch in der Fave­la Vidi­gal, wo ich ein paar Tage gewohnt habe, unsi­cher gefühlt.

Fave­la Tour Rocin­ha — Info

Es gibt ver­schie­de­ne Touranbieter:
Ich habe die Tour von DJ Zezin­ho gemacht. Ihn selbst trifft man aber erst am Ende der Tour: Der Ame­ri­ka­ner wirkt etwas kau­zig, liebt Kat­zen und unter­stützt auch sozia­le Projekte.
3 Stun­den, Ca 60 RS = ca 13 €
Mein iri­scher Leser Ronan Dono­hoe emp­fiehlt:
I high­ly recom­mend Vidi­gal HANG OUT  for anyo­ne wan­ting an authen­tic favel­la tour!

Rio de Janeiro - Favela Vidigal

Wenn Euch der Bei­trag gefal­len hat, freue ich mich, wenn Ihr ihn auf den fol­gen­den Social Net­works teilt:

Eure Beloh­nung für mei­nen Bei­trag ist es, wenn Ihr ihn auf Eurem Social Net­work teilt. Danke!

7 Kommentare

  1. Hal­lo Peter, wie sieht es mit der Sicher­heit in Bra­si­li­en aus? Kann ich als allein­rei­sen­de Frau sicher rei­sen oder wäre es emp­feh­lens­wert mir Rei­se­part­ner zu orga­ni­sie­ren. Ich woll­te mir in Rio de Janei­ro ein Auto mie­ten und in Rich­tung Sal­va­dor de Bahia fah­ren, was meinst du?
    Lie­be Grü­ße aus Ber­lin, Eva

    • Hal­lo Eva,
      das wage ich nicht zu beantworten!
      Ob mit oder ohne Auto: Ich hät­te damit kein Pro­blem, glau­be auch nicht, dass es gene­rell pro­ble­ma­tisch ist. Falls du dir aber nur im ent­fern­tes­ten unsi­cher bist, wür­de ich es nicht machen…
      BG, Peter

  2. Da die Ein­woh­ner der Mei­nung sind sie könn­ten alles bes­ser unter­ein­an­der regeln sind die­se Poli­zis­ten äußerst unbe­liebt.” — das ist lei­der ein biss­chen sehr ein­fach gefasst bzw. kom­plett falsch. Dass die Poli­zei in Bra­si­li­en beson­ders für die ärme­ren Men­schen sel­ten der Freund und Hel­fer ist, bekräf­tigt eine kur­ze Inter­net­re­cher­che zum The­ma Poli­zei­ge­walt. Ich habe 2011 drei Mona­te in Rocin­ha gewohnt, zur Zeit als die Pazi­fi­zie­rung ange­kün­digt wur­de, aber noch nicht statt­fand, und da es mich inter­es­siert hat, habe ich Umfra­gen unter Freun­den gemacht: aus­nahms­los ALLE woll­ten eine Staats­macht im Vier­tel. Aber eben eine Staats­macht, der sie ver­trau­en kön­nen. Sie mein­ten, dass sie bei den Dro­gen­dea­lern wenigs­tens wis­sen, wor­an sie sind. Es gibt Geset­ze, und wer sich dar­an hält, bekommt kei­ne Pro­ble­me. Außer­dem wird für Schutz gesorgt. Ver­ge­wal­ti­gung und Über­fäl­le gab es in Rocin­ha prak­tisch nicht. Jetzt, unter der Herr­schaft der Poli­zei, ist dies lei­der kei­ne Sel­ten­heit und wird sel­ten auf­ge­klärt. Ich woll­te hier nicht klug­schei­ßen, Peter, ich mag dei­nen Blog, aber die­ser eine Satz klang ein wenig so, wie als wären die Bewoh­ner ledig­lich zu dumm, sich für die rich­ti­ge Sei­te zu ent­schei­den, doch die Sache ist lei­der erheb­lich kom­pli­zier­ter. Gute Rei­se, Gruß aus Belém.

    • Ich muss Peter da zustim­men — dei­ne Aus­sa­ge “Die Ein­woh­ner sind der Mei­nung sie könn­ten alles bes­ser unter­ein­an­der regeln” wirkt gera­de­zu anma­ßend, wenn man sich mal mit dem The­ma Poli­zei­ge­walt in Bra­si­li­en und inbe­son­de­re in Rio aus­ein­an­der­ge­setzt hat, Stich­wort Kor­rup­ti­on und die unzäh­li­gen Todes­fäl­le von Unbe­tei­lig­ten bei den Ein­sät­zen der Poli­zei in Rio. Die Ver­wen­dung des Begriffs “Sanie­rung der Fave­las” ist gera­de­zu eine Ohr­fei­ge, wenn man weiß, mit wel­chen Mit­teln der künst­li­che “Frie­den” in die­sen Stadt­tei­len erzwun­gen wurde. 

      Gene­rell fin­de ich dei­nen Bericht des­halb lei­der sehr ober­fläch­lich und emp­feh­le dir, dich ein­ge­hen­der mit der kom­ple­xen The­ma­tik Fave­la zu befas­sen, bevor du sol­che Tou­ren beden­ken­los emp­fiehlst — zumin­dest, wenn du anteaserst, das The­ma in Bezug auf Voy­eu­ris­mus oder authen­ti­sche Ein­bli­cke zu betrach­ten, was du mei­ner Ansicht nach nicht getan hast.

      Viel­leicht bin ich da als Kul­tur- und Sozi­al­an­thro­po­lo­gin, die selbst zwei Mona­te in Rio gelebt hat, auch etwas über­emp­find­lich, aber sol­che Bei­trä­ge gehen mir ziem­lich gegen den Strich.. 

      Lie­be Grüße,
      Ela

      • Du wie­der­holst qua­si, was Kay bereits geschrie­ben hat.
        Ich bin aber über­zeugt, dass mei­ne Leser, genau­so gut wie ich, grund­sätz­lich wis­sen, was für Zustän­de in Bra­si­li­en herr­schen. Dies geht schließ­lich per­ma­nent auch durch die deut­sche Pres­se. Umso mehr soll­te man sich also von Bewoh­nern, die dort auf­ge­wach­sen sind und auch noch woh­nen die Situa­ti­on vor Ort erklä­ren las­sen. Und dar­um ging es mir!

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