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Fave­la Vidi­gal in Rio de Janeiro

Favela Vidigal Rio de Janeiro

Fave­la Vidi­gal Rio de Janeiro.

Mei­ne ers­te Unter­kunft in Rio ist in der Fave­la Vidi­gal. Ich will einen unmit­tel­ba­ren Ein­druck von der Com­mu­ni­ty in einer Fave­la bekom­men, mög­lichst ohne ande­re Tou­ris­ten. Außer­dem will ich von hier auf die Dois Irma­os, einen Berg mit fan­tas­ti­scher Aus­sicht. Wenn das Wet­ter mit­spielt…Wenn man in Rio stadt­aus­wärts die Ave­ni­da Nie­mey­er fährt, pas­siert man links das direkt am Meer lie­gen­de Luxus­ho­tel She­ra­ton.
Schon die nächs­te Bus-Hal­te­stel­le ist dann die Fave­la Vidi­gal mit ihren rund 3400 Häu­sern. Sie lie­gen rechts am stei­len Berg­hang des klei­ne­ren der bei­den Ber­ge Dois Irmãos, der zwei Brüder.
Gleich unten wer­de ich von einem Dut­zend Motos – Motor­rad­ta­xis – emp­fan­gen. Direkt dane­ben zeigt seit eini­gen Jah­ren die Poli­zei Präsenz.

Favela Vidigal Rio de Janeiro, Startplatz der Motos

Fave­la Vidi­gal Rio de Janei­ro, Start­platz der Motos

Favela Vidigal Rio de Janeiro, Häuser

Fave­la Vidi­gal Rio de Janeiro

Favela Vidigal Rio de Janeiro

Fave­la Vidi­gal Rio de Janeiro

Ich nen­ne dem Fah­rer die Adres­se mei­nes Hos­tels Fave­la Expe­ri­ence Vidi­gal, set­ze mir den über­reich­ten Helm auf und bestei­ge das Motor­rad. Kaum sit­ze ich, düsen wir auch schon los. Ich weiß noch gar nicht rich­tig, wo ich mich fest­hal­ten soll: beim Fah­rer oder hin­ter mir am Sitz. Ich ent­schei­de mich für letzteres.
Ganz schön anstren­gend, denn durch das Gepäck und den stei­len Anstieg wer­de ich nach hin­ten gezo­gen. Und dann sind da auch noch die engen Kur­ven. Ich habe alle Hän­de voll zu tun und klam­me­re mich ver­zwei­felt fest. Kom­mu­ni­ka­ti­on ist nicht.Zum Glück ist es nicht all­zu weit. Ich drü­cke dem Fah­rer die 5 Reais (etwas über 1 €) in die Hand und schaue mich suchend um.

Der Ein­gang ist nicht sofort als sol­cher zu erken­nen. Dann öff­ne ich ein Git­ter­tor und stei­ge eine schma­le, stei­le Trep­pe hin­auf. Auf dem ers­ten Absatz weiß ich nicht wei­ter. Rechts ist eine offe­ne Tür. Der dahin­ter­lie­gen­de Raum ist voll mit jun­gen Frau­en. Eine von ihnen kommt zur Tür und erklärt mir, dass ich über den Hin­ter­hof und dann noch mal eine wei­te­re schma­le Trep­pe hoch muss.
Oben wer­de ich von einer jun­gen Deut­schen begrüßt. Sie macht die Recep­cao für das Hos­tel, führt mich zu mei­nem Zim­mer und erklärt mir auf einem Plan, wo genau wir uns befinden.

In der Fave­la Vidi­gal leben rund 30.000 Per­so­nen. Auf mich macht die Umge­bung den Ein­druck eines klei­nen Dor­fes mit allen not­wen­di­gen Geschäf­ten, Super­märk­ten, Hand­werks­be­trie­ben und Restau­rants. Dabei ist alles eine Spur ein­fa­cher und kleiner.
Es gibt unend­lich vie­le inein­an­der ver­schach­tel­te Häu­ser mit schma­len Trep­pen und ein Gewirr von engen, dunk­len Gas­sen. Oft geht es plötz­lich nicht mehr wei­ter, weil ich plötz­lich vor einer Woh­nungs­tür ste­he oder in einem Hin­ter­hof lande.
Es ist nicht ein­fach sich in dem Gewirr zurecht zu finden.

Favela Vidigal Rio de Janeiro, Gasse 1

Rio de Janeiro, Favela Rocinha


Ich habe aber nicht den Ein­druck, dass es hier beson­ders gefähr­lich sein könn­te. Viel­leicht hängt das auch damit zusam­men, dass die Poli­zei im Novem­ber 2011 eine gro­ße Rei­ne­ma­che­ak­ti­on star­te­te und die bis dahin all­mäch­ti­gen Dro­gen­dea­ler aus der Fave­la ver­trie­ben hat.
Waren damals Schie­ße­rei­en riva­li­sie­ren­der Dro­gen­kar­tel­le an der Tages­ord­nung, herrscht jetzt wei­test­ge­hend Ruhe. Mit­ten­drin gibt es sogar eine eige­ne, klei­ne Polizeiwache.
Über­all sehe ich bewaff­ne­te Poli­zis­ten der UPP (Uni­da­de Policía Paci­fi­ca­do­ra) in ihren schuss­si­che­ren Wes­ten und mar­tia­li­schem Out­fit. Ich erle­be auch, wie die Poli­zis­ten gera­de zwei Män­ner fest­ge­nom­men und in Hand­schel­len gelegt haben.
Dabei höre ich immer wie­der, wie unbe­liebt sie sind und das man viel bes­ser ohne sie auskäme.
Wie weit das stimmt wird sich m. E. spä­tes­tens nach der Olym­pia­de 2016 zei­gen. Denn dann, so befürch­tet man, wer­den sie wahr­schein­lich wie­der abge­zo­gen. Die Kos­ten und damit ver­bun­de­nen Belas­tun­gen für den desas­trö­sen, maro­den Staats­haus­halt machen ein sol­ches Vor­ge­hen wahrscheinlich.
Die Gefahr ist groß, dass dann die Dro­gen­bos­se zurückkommen.

Fave­la Vidi­gal: Bil­der­buch­bei­spiel für Gentrifizierung…

An vie­len Ecken und Enden in der Fave­la Vidi­gal wird gehäm­mert, gebaut oder reno­viert. So schlimm es ist, die Fave­la Vidi­gal ist auf dem bes­ten Wege ein Bil­der­buch­bei­spiel für Gen­tri­fi­zie­rung zu werden.

Mitt­ler­wei­le gibt es ca 20 Hos­tels und es woh­nen rund 300 bis 500 Aus­län­der in Vidigal.
Ich ent­de­cke ein klei­nes Künstleratelier.
Neben­an ist bereits eine gan­ze Gas­se mit Street­art geschmückt.

Favela Vidigal Rio de Janeiro, Streetart

Fave­la Vidi­gal Rio de Janei­ro, Streetart

Favela Vidigal Rio de Janeiro, Streetart mit Roboter

Madon­na, Beck­ham & Co und die Auswirkungen

Immo­bi­li­en­mak­ler erobern das Vier­tel und die Prei­se stei­gen bestän­dig: die atem­be­rau­ben­de Aus­sicht und die Nähe zu Rio machen einen Haus­kauf in der Fave­la zu einer guten Investition.

Ich erfah­re, dass David Beck­ham vor der Fuss­ball WM 2014  hier inves­tiert haben soll. Auch Madon­na soll sich hier vor kur­zem etwas zuge­legt haben.

Favela Vidigal Rio de Janeiro, Blick Richtung Ipanema 1

Fave­la Vidi­gal, Blick Rich­tung Ipanema

Etli­che der ursprüng­li­chen Bewoh­ner sehen jetzt die Zeit gekom­men ihr Häus­chen zu ver­kau­fen und Kas­se zu machen. Eini­ge von ihnen wol­len sich mit dem Geld wei­ter oben ansie­deln, wo es preis­wer­ter und gera­de noch erschwing­lich ist, da man hier müh­sam alles hoch­schlep­pen muss. Aber auch hier stei­gen die Prei­se und Mie­ten ständig.
Durch den Zustrom der Frem­den ver­än­dert sich die Fave­la und das täg­li­che Leben.
Wegen der stei­gen­den Mie­ten und Lebens­hal­tungs­kos­ten muss­ten schon eini­ge Bewoh­ner ihre Woh­nung aufgeben.…

Rio de Janei­ro Fave­la Vidi­gal — Info

Anfahrt zur Fave­la Vidi­gal (gespro­chen: Wid­schi­gao) mit den Bus­sen Rich­tung Ave­ni­da Nie­mei­er / Vidi­gal / Sao Conrado.
Eine Sta­ti­on nach dem She­ra­ton Hotel aussteigen.

Akti­vi­tä­ten:
Dois Irma­os – Zwei Brüder

Der ca 45-minü­ti­ge Auf­stieg auf die Dois Irma­os mit herr­li­cher Sicht auf Rio beginnt weit oben, beim Sport­platz der Fave­la Vidi­gal. Sie­he eige­ner Beitrag!

Favela Vidigal Rio de Janeiro, Eingang zum Aufstieg auf die Dois Irmaos

Fave­la Vidi­gal Rio de Janei­ro, Ein­gang zum Auf­stieg auf die Dois Irmaos

Unter­künf­te

Hos­tel Fave­la Expe­ri­ence Vidi­gal Mit Moto den Berg hoch. Ich habe das (ein­zi­ge) „Luxus“-Zimmer mit Dusche + Blick Rich­tung Meer (132 RS). Es gibt auch Dorm­bet­ten. Lei­der reicht das Inter­net nicht bis zu mei­nem Zimmer!
Der Ame­ri­ka­ner Adam lei­tet das Hos­tel und ist extrem hilfsbereit.
Vidi­gal Home liegt gegen­über. Nur klei­ne Dorms. Wird von Bru­no gelei­tet. Schö­ne Ter­ras­se mit tol­lem Blick.
!Wenn es reg­net, kann man in der Fave­la Vidi­gal nicht wirk­lich etwas unternehmen!

All­ge­mei­ne Info zu Rio de Janeiro

Wäh­rung: 1€ = 3,65 RS (Stand August 2016)
Rei­se­zeit: Dezem­ber
Wet­ter: Wech­sel­haft, mehr Regen als erwar­tet! Um die 30 Grad

Favela Vidigal Rio de Janeiro, Wandbild

Fave­la Vidi­gal Rio de Janei­ro, Wandbild

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3 Kommentare

  1. >Ulrich Hansbuer sagt

    Hal­lo Peter,

    es macht Spaß dich zu lesen und daher: alles Gute für 2016, mach wei­ter so, die bes­ten Neu­jahrts­wün­sche aus der Heimat…

  2. Hal­lo Peter, dein Blog ist super inter­es­sant geschrie­ben, mit genia­len Fotos und infor­ma­ti­ven Bei­trä­gen ver­se­hen. Bin schon immer gespannt auf wei­te­re Beiträge.
    Wün­sche dir eine schö­ne Zeit mit phan­tas­ti­schen Erleb­nis­sen. LG Eva

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