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Jakobs­weg (10/10):Von Arzúa nach Sant­ia­go de Compostela

Jakobsweg, Santiago de Compostela, mit Ju Hee Yi vor der Kathedrale

Sant­ia­go de Com­pos­te­la + Finis­terre + Muxía
31. Tag, 14. Oktober
Arzúa – Salee­da – San­ta Ire­ne – Ped­rou­zo, 19,5km; Alber­gue Municipal
Auf­bruch: 7:00 Uhr

Regen, aber zum Glück nicht so kalt wie am Vor­tag, so dass ich pro­blem­los mei­ne „Regen­ho­sen“ (=Shorts) tra­gen kann. Lei­der muss ich im stock­dunk­len Wald meh­re­re Zwangs­pau­sen ein­le­gen: die Bat­te­rie mei­ner Taschen­lam­pe hat beschlos­sen ihren Geist auf­zu­ge­ben. Vor und hin­ter mir geht auch nie­mand an dem ich mich ori­en­tie­ren kann. Nach kur­zen Pau­sen, kommt das Licht jeweils für kur­ze Zeit zurück. Also Licht spar­sam dosie­ren, denn hell bzw. eni­ger­ma­ßen sehen kann man erst ab 8:30 Uhr. Zufäl­lig hat dann eine Bar, die ich um die­se Zeit errei­che, auch Batterien!

Jakobsweg, Belorado, Herberge Cuarto Cantones, Foto Gert Kleinsteuber

Stie­fel­de­pot in der Her­ber­ge                                                Foto Gert Kleinsteuber

Zei­chen?!

Auf dem Weg wird ab und zu davon gere­det, ob man ein Zei­chen bekom­men hat. Also bei mir blieb das aus, oder doch nicht?
Als ich heu­te so vor mich hin­wan­der­te hiel­ten unge­fähr 2 km nach San­ta Ire­ne neben mir zwei Rad­pil­ger und frag­ten mich „Are you Peter?“. Ver­wun­dert und neu­gie­rig beja­te ich dies.
Der nächs­te Satz lau­te­te: „We have a pre­sent for you!“
Jetzt war ich natür­lich kom­plett ver­wirrt und man konn­te sicher deut­lich meh­re­re Fra­ge­zei­chen in mei­nem Gesicht erkennen.
Dann über­reich­ten sie mir fei­er­lich mei­nen Per­so­nal­aus­weis. Jetzt war ich voll­ends geplät­tet. Wie zum Teu­fel kamen die­se Typen an mei­nen Ausweis?
Sie hat­ten ihn auf dem Wald­bo­den lie­gen sehen, ein­ge­steckt und sich auf die Suche gemacht.
Wie ich danach rekon­stru­ier­te, muss er mir aus mei­ner Tasche gefal­len sein, als ich kurz den Füh­rer wegen einer mög­li­chen Abkür­zung zu Rate gezo­gen hatte.

In Ped­rou­zo gehe ich erst­mal noch wei­ter Rich­tung San Antón, keh­re dann aber wie­der um, weil zum Einen der Regen wie­der stär­ker ein­setzt, zum Ande­ren gibt es auf den nächs­ten 15(!) km kei­ne Alber­gue. Und last not least star­tet in 2 Stun­den das For­mel 1‑Rennen in Korea!
Außer­dem gehe ich davon aus Ju Hee Yi zu tref­fen (wie sich spä­ter her­aus­stel­len soll­te, war sie aller­dings die 15 km bis Mon­te Gozo durchgegangen).

Jakobsweg, Herberge Porta Santiago in Pedrouzo, Foto Gert Kleinsteuber

Noch ein­mal wach werden.……Herberge Por­ta Sant­ia­go in Ped­rou­zo.  Foto Gert Kleinsteuber

Ped­rou­zo ist ein reiz­lo­ser Ort, den kein Mensch braucht. Eine Haupt­stra­ße und eini­ge Restau­rants. Von bekann­ten Gesich­tern tref­fe ich in der Muni­ci­pal denn auch nur Tei­le der Korea-Frak­ti­on, Jesus und mei­ne 3 Engländerinnen.

32. Tag, 15.10. Ped­rou­zo – Mon­te Gozo – Sant­ia­go de Com­pos­te­la, 21,5km; Hos­pe­de­ría Semi­na­rio Mayor Mar­tín Pina­rio (Klos­ter gegen­über Sei­ten­ein­gang der Kathe­dra­le, EZ 23€ mit eige­nem Bad) Auf­bruch: 6:20 Uhr

Der letz­te Tag ist ange­bro­chen. Nicht zu kalt und kein Regen. Da bin ich schon mal zufrie­den. Und ich will zur Mes­se um 12:00 in Sant­ia­go sein. Alles läuft ohne Schwierigkeiten.
Es scheint wie eine Kür oder die letz­te Etap­pe der Tour de France zu sein. Da wird auch alles sehr ent­spannt angegangen.

Beim Mon­te Gozo rauf auf den Hügel und eine Umrun­dung des Monu­men­tes, dass anläss­lich des Papst­be­su­ches 1989 errich­tet wur­de. Blick auf Sant­ia­go.
Dann geht’s zügig berg­ab und die letz­ten 5 km im Schlepp­tau der hüb­schen 3 Eng­län­de­rin­nen, die ich zum ersten­mal in Pam­plo­na getrof­fen habe. (Sie muss­ten wegen Fuß­pro­ble­men zwi­schen­durch mal kurz den Bus neh­men. Da ging es mir auch gera­de schlecht und wir dis­ku­tier­ten: Bus, Ja oder Nein?)
Sie legen heu­te ein rasan­tes Tem­po vor.

Der Pil­ger­strom ist die letz­ten Tage – beson­ders aber heu­te – immer dich­ter gewor­den (für die Com­pos­te­la rei­chen für Pere­gri­nos, die zu Fuß gehen, die Stem­pel der letz­ten 100 km). Eini­ge beten laut vor sich hin.
Wir sehen zum ers­ten Mal die Tür­me der Kathe­dra­le.
Die Eng­län­de­rin­nen juch­zen vor Freu­de laut auf und fas­sen sich bei den Hän­den, um den let­zen Kilo­me­ter gemein­sam zu gehen.

Es ist irgend­wie ein erha­be­nes Gefühl, das kei­nen kalt lässt, auch mich nicht.
Sogar jetzt nicht, wenn ich dies im Nach­hin­ein schreibe!

Der letz­te Kilo­me­ter wie mit Flü­geln. Wir ren­nen fast. Alles ande­re zählt nicht mehr.

Vor der Kathe­dra­le dann vie­le bekann­te Gesich­ter der letz­ten Wochen und freu­di­ger Erfah­rungs­aus­tausch nach dem Mot­to, wann bist du ange­kom­men? Hast du.….gesehen?
Man fällt sich in die Arme. Gra­tu­la­tio­nen. Fotos. Tol­le Stim­mung. Sogar das Wet­ter spielt mit.

Noch vor der Mes­se gehe ich zum Pil­ger-Büro, um mein Cre­den­cial zu prä­sen­tie­ren und mei­ne Com­pos­te­la (Urkun­de, in der auf latei­nisch mit Namen und Datum bestä­tigt wird, dass man den Cami­no gegan­gen ist) abzu­ho­len. War gera­de nicht viel los und alles ging reibungslos.
Dann geht’s wie­der zurück zur Kathe­dra­le und zur Mes­se, den Ruck­sack immer noch auf dem Buckel, egal. Ich spü­re jetzt eh nicht mehr so viel.

Jakobsweg, Santiago de Compostela, Kathedrale, Foto Mig75

Sant­ia­go de Com­pos­te­la, Kathe­dra­le,  Foto Mig75

12:00 Uhr
Die Kathe­dra­le ist prop­pen­voll. Auch hier wie­der lau­ter bekann­te Gesich­ter. Eine Non­ne singt mit wun­der­schö­ner, kla­rer Stimme.
Vie­le Pries­ter aus aller Her­ren Län­der, die mit Pil­gern ange­reist sind, unter­stüt­zen den Pries­ter. Jeder darf einen Satz in sei­ner Lan­des­spra­che an die Gemein­de sagen. Zum Schluss der Mes­se wird der Weih­rauch­kes­sel in Schwung gebracht und schwingt fast bis zur Decke (die­se Zere­mo­nie wird anschei­nend nicht jeden Tag gemacht). Beeindruckend!

Danach dann Stadt­be­sich­ti­gung im Regen. Es ist frisch. Trotz­dem gute Stim­mung. Immer wie­der trifft man auf bekann­te Gesich­ter, grüßt oder beglück­wünscht sich. Immer wie­der die Fra­ge nach mei­nem Fuß von Leu­ten, die ich schein­bar nie gese­hen habe.

Abends tref­fen wir uns zu einem gro­ßen Get-Tog­e­ther, ca 30 Leu­te, über­wie­gend Spa­ni­er und Ita­lie­ner: Enri­que, Judith, Fabi, Lui­gi, Ras­ta Kim, Clau­dio, Jesus.…..

Um 23:00 Uhr klin­ke ich mich aus. Trau­rig, weh­mü­tig, ein­sam. Es geht etwas zu Ende.….….

Am nächs­ten Tag mit Ju Hee Yi getrof­fen; lan­ge zusam­men­ge­ses­sen und gere­det; danach war ich noch trau­ri­ger; Blues.

Woh­ne im San Mar­tín Pina­rio, Hos­pe­de­ría Semi­na­rio Mayor 🙂 (EZ 23 € mit eige­nem Bad; gr. Klos­ter gegen­über Sei­ten­ein­gang der Kathedrale).
Gut gefal­len hat mir Hotel Cos­ta Vel­la in der Cal­le Por­ta da Pena 17 (EZ 54 €, DZ 74/88; ver­wun­sche­ner Garten).
Essen: Casa Mano­lo, Pla­za de Cer­van­tes. Gute Tapas: Taber­na do Bis­po, Cal­le Fran­co 37.
Mit­tags gute Ess­mög­lich­kei­ten auf dem Markt in klei­nen Kneipen.
Hier auch abends ab 21 Uhr für Fein­schme­cker: Abas­tos 2.0 🙂 (35 € ohne Getränke)

Heu­te tru­del­ten auch Don & Jody ein.

Weiß noch nicht, was ich die nächs­ten Tage mache. Abends lan­ge mit Fabi gespro­chen, die trotz des mie­sen Wet­ters mit Enri­que und 2 Ita­lie­nern am nächs­ten Mor­gen noch die 3 Tage nach Finis­terre gehen will.
Ich nicht! Wer­de mit dem Bus fahren.

18.10. 9:00 Uhr
Sant­ia­go — Finisterre

Mit Bus (13 €) in 2 1/2 Stun­den nach Finis­terre (Das Ender der Welt): wur­de dort an der Bus­hal­te­stel­le von einer Frau wegen einer Unter­kunft ange­spro­chen. Schau­te mir das Zim­mer an, konn­te mich aber nicht gleich ent­schei­den. Sie über­ließ mir dann ihre Schlüs­sel und mein­te, ich kön­ne es mir ja überlegen.
Wenn ich wo anders hin­gin­ge, soll­te ich die Schlüs­sel ein­fach ins Zim­mer legen!

Jakobsweg, Finisterre, Ende der Welt

Jakobs­weg, Finisterre

Finis­terre: man geht 3 km bis zum Leucht­turm; war mir zu touristisch/betriebsam.

19.10. Finis­terre — Muxía

Mit dem Bus um 11:45 nach Cee und von dort mit Mini­bus nach Muxía gefahren.
In die pri­va­te Alber­gue Bela Muxía 🙂 (12 €, sehr neu, sehr sau­ber, Licht am Bett, gr. Küche, gute Duschen).
Kein Rum­mel. Hat mir bes­ser gefal­len, obwohl oder weil abso­lut nichts los war. Spa­zier­gang zum Pun­ta da Bar­ca + San­tua­rio. Schö­nes, schlich­tes Monu­ment. So gut wie kei­ne Leu­te; man kann bis ans Meer.

Jakobsweg, Monument am Meer von Muxía

Monu­ment in Muxía

Danach ging es noch für 2 wun­der­schö­ne Tage bei bes­tem Kai­ser­wet­ter zurück nach Sant­ia­go de Com­pos­te­la, ehe ich den Flie­ger besteige .….…..

Spanien, Muxía

Muxía

Fazit:

Man durch­lebt vie­le Stim­mun­gen, lernt vie­le Leu­te kennen.
Je nach Lust und Lau­ne, kann man allei­ne gehen oder sich ande­ren anschließen.

Ich war froh, dass ich jeden Meter gegan­gen bin, ohne einen Bus, Taxi oder den Ruck­sack­trans­port in Anspruch zu neh­men. Letzt­lich fin­de ich es aber auch nicht so schlimm, wenn dies mal der Fall sein sollte.

Da ich aus gewichts­tech­ni­schen Grün­den kei­ne Bücher mit­ge­nom­men habe, habe ich es aber umso mehr bedau­ert kei­nen Kind­le o.ä. dabei­ge­habt zu haben.

Es ist schon ein beson­de­res Erlebnis!

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7 Kommentare

  1. Igor Vahcic sagt

    Sehr schö­ner Bericht. Ich wer­de ab 15.9.2016 von Leon nach Sant­ia­go pil­gern. Bin schon total auf­ge­regt und gehe mei­ner Frau gehö­rig auf die Ner­ven. Die geht ja auch nicht mit. Steckt sich aber lang­sam an mei­ner Eupho­rie an.
    Bin noch berufs­tä­tig (55) und woll­te eigent­lich ein­mal den gan­zen Weg ab St. Jean als Rent­ner gehen. Aber wer weiss, wie fit man(n) dann noch ist. Ab Leon ist auch mit dem Urlaubs­kon­to 2016 noch gut ver­ein­bar. Bin bis­her den Jakobs­weg von Würz­burg nach Gut­ach gelau­fen. Aller­dings auf ein Frühjahr/Sommer ver­teilt. Nie län­ger als 4 Tage am Stück. Die Gene­ral­pro­be an Pfings­ten 2016 mit 130 km im Alt­mühl­tal in 5 Tagen war aber trotz Käl­te und Regen ein Vor­ge­schmack auf den ech­ten Cami­no und so habe ich beschlos­sen, es die­ses Jahr spon­tan doch zu wagen. Und sol­che Berich­te brin­gen in mir eine Mischung aus Vor­freu­de und Respekt zum Vor­schein. Buon Cami­no und Dan­ke für die vie­len Tipps!

  2. Hal­lo Igor, ich garan­tie­re dir ein beein­dru­cken­des Erleb­nis. Sieh es als Gene­ral­pro­be für Dein Rentenalter!

  3. Heinrich Schlegel sagt

    Hal­lo Peter. Sehr schö­ner Bericht. Lese immer wie­der ger­ne, was ande­re so erlebt haben. Vie­les kommt mir dann bekannt vor. Ich bin zwar schon lan­ge wie­der zu Hau­se, aber in Gedan­ken noch oft auf dem Camino.
    Natür­lich kannst Du auch mei­nen Bericht unter “www.heischle.de” lesen.
    Ein­mal Pil­ger immer Pil­ger.. Und die Erin­ne­run­gen bleiben.

  4. Hal­lo Peter,
    ich habe gera­de dei­nen Blog durch­ge­stö­bert, fas­zi­nie­ren wie­vie­le Rei­sen du in dei­nem Leben schon gemacht hast. Gibt es über­haupt noch ein Land, das du nicht besucht hast?
    Dein Bericht über den Jakobs­weg habe ich ver­schlun­gen. Ja, ich erin­ne­re mich auch an das Ein­tref­fen in Sant­ia­go mit den vie­len Pil­gern. Trotz­dem ein unbe­schreib­li­ches Erleb­nis. Der Weg lebt wei­ter in uns. Dan­ke für dei­nen Bericht.
    buen camino
    Peter

    • Hal­lo Peter,
      schön zu hören, wenn mei­ne ers­ten Blog­bei­trä­ge noch so gut ankom­men. Es steck­te auch zu dem Zeit­punkt schon sehr viel Herz­blut darin.
      Ich habe ja lei­der erst sehr spät mit dem Blog­gen angefangen.
      Das rei­sen mache ich dage­gen schon mein gan­zes Leben.
      Und ja, irgend­wann muss ich noch in die Südsee 🙂
      BG, Peter

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