Italien
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Fried­hof Vene­dig auf der Fried­hofs­in­sel San Michele

Friedhof Venedig: Außenmauer der Friedhofsinsel San Michele

Wer dem Tou­ris­ten­strom aus­wei­chen möch­te, fin­det dafür eine pas­sen­de Gele­gen­heit auf Vene­digs berühm­tes­tem Fried­hof. Die­se letz­te Ruhe­stät­te hat sogar eine eige­ne Insel, die Fried­hofs­in­sel San Miche­le („Insel der Toten“).
Man kann den Fried­hof Vene­dig gut auf eige­ne Faust erkunden.
Hier bekommst du Anre­gun­gen für Tou­ren zu wei­te­ren Sehens­wür­dig­kei­ten in und um Venedig*

Zypressenallee auf der Friedhofsinsel San Michele

Ent­ste­hung & Geschich­te der Fried­hofs­in­sel San Michele

Seit dem 13ten Jhdt befand sich auf der Insel San Miche­le ein Klos­ter der Kamald­u­len­ser.  Noch heu­te befin­den sich auf der nur 460 m lan­gen und 390 m brei­ten Insel mit dem Kreuz­gang, der ab 1469 erbau­ten Renais­sance­kir­che und der um 1530 errich­te­ten sechs­ecki­gen Cap­pel­la Emi­lia­ni, Res­te des Kosters.

Historische Wandgräber vor der Chiesa San Cristoforo auf der Friedhofsinsel San Michele

His­to­ri­sche Wand­grä­ber vor der Chie­sa San Cristoforo

Chiesa San Cristoforo auf der Friedhofsinsel San Michele

Chie­sa San Cristoforo

Wan­del der Fried­hofs­kul­tur in Europa

Ende des 18ten Jahr­hun­derts begann in ganz Euro­pa ein Umden­ken, was die Lage von Fried­hö­fen betraf. (Sie­he auch mein Bei­trag über den Wie­ner Zen­tral­fried­hof). Bis zu die­sem Zeit­punkt lagen die Fried­hö­fe meist inner­halb einer Stadt, im Hof der Gemein­de­kir­che. Jetzt wur­den sie aus Platz­grün­den immer mehr nach außer­halb verlagert.

 Platz­man­gel auf Fried­hö­fen und die Folgen…

Durch einen Erlass des fran­zö­si­schen Kai­sers Napo­le­on I. wur­de 1804 die klei­ne Nach­bar­insel San Cris­to­fo­ro zum zen­tra­len Fried­hof für Vene­dig erklärt. Das auf ihr lie­gen­de Klos­ter wur­de 1810 im Rah­men der Säku­la­ri­sa­ti­on (= Auf­he­bung kirch­li­cher Insti­tu­tio­nen wie Klös­ter und Abtei­en und die Ver­staat­li­chung ihres Besit­zes) von der fran­zö­si­schen Regie­rung aufgelöst!
Um noch mehr drin­gend benö­tig­ten Platz zu gewin­nen, wur­de 1837 Sand auf­ge­schüt­tet. Dadurch wur­den die Inseln San Cris­to­fo­ro und San Miche­le zur zen­tra­len Fried­hofs­in­sel ver­ei­nigt. Zusätz­lich wur­de das heu­te unter Denk­mal­schutz ste­hen­de Fried­hofs­are­al mit einer Mau­er umgeben.

Das Pro­blem des Platz­man­gels gilt natür­lich genau­so für die heu­ti­ge Zeit. Des­we­gen wird Vene­digs Fried­hof seit 1998 unter der Lei­tung des Archi­tek­ten David Chip­per­field suk­zes­si­ve um 15.000 Grab­stät­ten erwei­tert. Dazu kom­men eine Kapel­le, ein Kre­ma­to­ri­um und wei­te­re Kolum­ba­ri­en — das sind meist über­dach­te Mau­ern mit Nischen. Dar­in wer­den die Urnen oder Metall­käs­ten mit der Asche der Ver­stor­be­nen untergebracht.

Bedingt durch den Platz­man­gel endet die Ruhe­zeit für eine Grab­stel­le meist nach rund zehn bis zwölf Jah­ren. Danach wer­den die Toten exhu­miert und in den Kolum­ba­ri­en oder soge­nann­ten Ossua­ri­en unter­ge­bracht. (Das Ossua­ri­um = Bein­haus ist ein zur Auf­be­wah­rung von Gebei­nen bestimm­ter Ort.)
Eine dau­er­haf­te Bestat­tung auf San Miche­le ist heut­zu­ta­ge nur den rei­chen Vene­zia­nern vor­be­hal­ten. Die sterb­li­chen Über­res­te der ande­ren wer­den in ein kom­mu­na­les Ossua­ri­um auf dem Fest­land gebracht. Frü­her (seit 1565) dien­te die heu­te ver­wil­der­te und unzu­gäng­li­che „Kno­chen­in­sel“ Sant’Ariano als Ossuarium.

Capela dos Ossos: Ossuarium in Évora, Portugal

Cape­la dos Ossos: Ossua­ri­um in Évo­ra aus mei­nem Bei­trag Von Lis­sa­bon in den Alentejo

Ein wei­te­res frei zugäng­li­ches Bein­haus mit 6 Mil­lio­nen Über­res­ten von Toten sind die Kata­kom­ben von Paris

Ambi­en­te und berühm­te Grä­ber auf Vene­digs Fried­hof San Michele

Auf der Fried­hofs­in­sel San Miche­le kann man dem Tru­bel Vene­digs noch am ehes­ten ent­kom­men. Hier kann man ganz für sich sein. Mir geht es beim Besuch des Fried­hofs nicht in ers­ter Linie um die Grä­ber pro­mi­nen­ter Zeit­ge­nos­sen. Wich­ti­ger ist für mich das Ambi­en­te und die fried­li­che Stim­mung auf mich wir­ken zu lassen.
Es gibt pom­pö­se, gepfleg­te und mit Blu­men geschmück­te Grab­stät­ten, aber auch ver­wahr­los­te, ein­sam und ver­las­sen. Man­che Grä­ber sind schon lan­ge ver­wit­tert und mit der umlie­gen­den Natur ver­wach­sen. Hier und dort sonnt sich eine Eidech­se oder huscht durchs Gras.

Ich lie­be es ver­bli­che­ne Fotos aus längst ver­gan­ge­nen Zei­ten zu betrach­ten und die Inschrif­ten der Grä­ber zu stu­die­ren. Man­che von ihnen erzäh­len von den Schick­sa­len der Ver­stor­be­nen und ent­füh­ren mich auf eine Zeitreise.

Friedhof Venedig Friedhofsinsel San Michele

Venedigs Friedhof auf der Friedhofsinsel San Michele

Venedig, Grabstätte auf der Friedhofsinsel San Michele

Wer im Gedächt­nis sei­ner Lie­be lebt, der ist nicht tot, der ist nur fern”

Natür­lich sind hier vie­le Berühmt­hei­ten begra­ben. Dazu gehö­ren zB Ezra Pound (1885–1972, ame­ri­ka­ni­scher Dich­ter, Kri­ti­ker und Über­set­zer), Joseph Brod­sky (1940–1996, rus­si­scher Lyri­ker, Nobel­preis für Lite­ra­tur 1987), Lui­gi Nono (1924 — 1990, ita­lie­ni­scher Kom­po­nist), Igor Stra­vin­sky (1882–1971, rus­si­scher Kom­po­nist und Diri­gent), Ser­gei Diag­hi­lev (1872–1929, rus­si­scher Bal­lett­di­rek­tor & Grün­der des Bal­lets Rus­ses, Kunst­kri­ti­ker, Verleger).
Mein Tipp: Einen Lage­plan bekommt man gleich nach dem Ein­gang bei der Ver­wal­tung. Aller­dings ist es nur eine gro­be Skiz­ze, die mir nicht immer gehol­fen hat. 

Grab Ezra Pound auf Venedigs Friedhof auf der Friedhofsinsel San Michele

Grab­stät­te von Ezra Pound (1885 ‑1972, ame­ri­ka­ni­scher Dichter)

Grabstätten des Komponisten Igor Stravinsky und seiner zweiten Frau, der Tänzerin Vera de Bossett Sudekine auf dem Friedhof von Venedig, Friedhofsinsel San Michele

Grab­stät­ten des Kom­po­nis­ten Igor Stra­vin­sky und sei­ner Frau Vera de Bos­sett Sudekine.

Grabmal des Ballettdirektors Sergei Diaghilew, Friedhof Venedig auf der Insel San Michele

Ser­gei Diag­hi­lew (1872–1929, Grün­der des Bal­lets Russes)

Venedig: Grabstätte des musikalischen Wunderkindes Karl Filtsch, der mit 15 Jahren starb.

Grab­stät­te von Karl Filtsch. Das musi­ka­li­sche Wun­der­kind starb 1845 mit 15(!) Jah­ren. Bereits als Elf­jäh­ri­ger trat er als Kon­zert­pia­nist in Wien auf. Er stu­dier­te bei Fré­dé­ric Cho­pin in Paris und bei Franz Liszt.

Venedigs Friedhof San Michele: Die 22jährige russische Adlige Sonia Kailensky (1885 - 1907) wollte sich eigentlich beim Karneval in Venedig von ihrem Liebeskummer ablenken, verübte dort aber dann Selbstmord.

Die 22jährige rus­si­sche Adli­ge Sonia Kai­len­sky (1885 — 1907) woll­te sich eigent­lich beim Kar­ne­val in Vene­dig von ihrem Lie­bes­kum­mer ablen­ken, ver­üb­te dort aber dann Selbstmord.

Anfahrt & Öff­nungs­zei­ten Fried­hof Venedig

Zum Fried­hof gelangt man mit dem Vapo­ret­to (nach Mura­no) von der Vapo­ret­to-Hal­te­stel­le „Fon­da­men­te Nuove“
Öff­nungs­zei­ten: Som­mer: 7:30 Uhr — 18:00 Uhr
Win­ter: 7:30 Uhr — 16:30 Uhr.
Weih­nach­ten, Neu­jahr und Ostern: 7:30 Uhr — 12:00 Uhr

Beson­de­re Fried­hö­fe in aller Welt

Chiesa San Cristoforo mit Wandgräbern auf Venedigs Friedhof San Michele

Chie­sa San Cris­to­fo­ro mit Wand­grä­bern auf Ssn Michele

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9 Kommentare

  1. Fried­hö­fe find ich immer super inter­es­sant und San Miche­le ist ein­fach nur wun­der­schön und besonders!

  2. Ich bin zwar schon in Vene­dig gewe­sen, aber tat­säch­lich habe ich noch nie dar­über nach­ge­dacht, wo denn wohl die Toten begra­ben wer­den. Nun, jetzt weiß ich es 😉
    Der Fried­hof sieht wirk­lich sehr schön aus, wenn­gleich ich Bein­häu­ser ja doch etwas gru­se­lig finde.
    Vie­le Grüße
    Annette

  3. Ich mag Fried­hö­fe, sie erzäh­len so viel über ihre Städ­te und Bewoh­ner. Du hast das, sehr schön geschrie­ben. Nor­ma­ler­wei­se sind die ita­lie­ni­schen Fried­hö­fe ja eher kit­schig, aber du hast ihn schön in Sze­ne gesetzt.
    LG Christiane

  4. Ich gebe zu… ich fin­de manch einen Fried­hof ja auch sehr span­nend, auch wenn das ja ein wenig mor­bi­de wirkt. 😉 Der in Edin­burgh ist auch ganz toll. Die Grä­ber sind z.T. 500 Jah­re alt und man fin­det das Grab des ein oder ande­ren berühmt berüch­tig­ten Pira­ten oder Rit­ters. Du hast da auf jeden Fall eine span­nen­de Lis­te zusam­men­ge­tra­gen. LG, Nadine

  5. Jenny Mattiussi sagt

    Ich suche das Grab mei­ner Urgroß­el­tern ca 1965 ver­stor­ben. wo kann ich mich hin wen­den um zu erfah­ren ob die Grä­ber noch bestehen?

    • Hast du denn Unter­la­gen (Fotos, Doku­men­te etc.), die besa­gen, dass sie auf der Fried­hofs­in­sel bestat­tet wurden?
      Mit die­sen Unter­la­gen wür­de ich dann an dei­ner Stel­le vor Ort wei­ter recherchieren.
      BG, Peter

  6. Harald Fein sagt

    Ich fin­de Fried­hö­fe im All­ge­mei­nen Beru­hi­gend und auch wegen den Geschich­ten der Toten
    sehr Interessant

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